VfB Stuttgart:Selbst der Name Magath kursiert

Markus Weinzierl, Trainer des VfB Stuttgart beim Bundesliga-Spiel in Düsseldorf

Stuttgarts Trainer Markus Weinzierl konnte bisher wenig verändern.

(Foto: Marius Becker/dpa)
  • Markus Weinzierl darf als Trainer des VfB Stuttgart auch nach dem 0:3 in Düsseldorf weitermachen.
  • Der Verein erlebt mit ihm eine ganz schwere Phase - und es kursieren reihenweise Namen von Coaches, die Weinzierl bald ablösen könnten.

Von Philipp Selldorf

Oliver Fink steht bei Fortuna Düsseldorf nicht nur in dem Ruf, dank seiner definierten Muskeln Anwärter auf den Titel Mister Universum zu sein, sondern auch im Verdacht, noch nie ein Glas Bier getrunken geschweige denn eine Zigarette geraucht zu haben - und dies in 36 Lebensjahren. Dennoch genießt der Oberpfälzer Fink im rheinischen Klub großes Ansehen, am Sonntagabend nach dem 3:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart geriet sein Trainer Friedhelm Funkel, Rheinländer und Lebemann, so sehr ins Schwärmen über den betagten Kapitän, dass er sich selbst der Übertreibung entlarvte. "Unglaublich wichtig" sei Fink "für die Mannschaft, für die Fortuna - für die ganze Stadt", sagte er und musste über die eigene Lobrede lachen.

Funkel, 65, nimmt im deutschen Fußball bekanntlich ebenfalls den Rang eines Mister Universum ein. Am Sonntag hat er seine 800. Partie als Spieler bzw. Trainer in der ersten Liga erlebt, dazu kommen fast 300 Zweitliga-Begegnungen. Aber diese Szene in der 49. Minute übertraf sogar seinen Erfahrungs- und Erwartungshorizont. Mit einer Finte hatte Fink den vermeintlichen Stuttgarter Abfangjäger Santiago Ascacíbar ins Leere rutschen lassen, um den Ball anschließend passgerecht zum 2:0 in den Winkel zu setzen.

Funkel sah sich daraufhin zu einem Kompliment veranlasst, das den Geehrten möglicherweise zweifeln ließ, ob es sich überhaupt um ein Kompliment handelte: So einen Treffer habe er ihm "gar nicht zugetraut", teilte der Trainer dem Schützen in der Kabine mit. Ein anderer guter Witz von Funkel war folgende, allerdings ernst gemeinte Aussage: "Man hat doch gemerkt, dass die Stuttgarter ein bisschen verunsichert waren."

Die exzellente Laune, die am Sonntagabend bei der siegreichen Fortuna herrschte, kontrastierte mit einer Stimmung im Verliererlager, die mieser und bedrückter kaum hätte sein können. Während des Spiels hatte sich das Publikum immer wieder die gleichen Fragen gestellt: Wer ist hier der Aufsteiger, dem überall nachgesagt wurde, mit seinem preiswerten Personal gleich wieder abzusteigen?

Und welches der beiden Teams ist jenes, das mit dem Geld der schwäbischen Großindustrie eingekauft hat, um einen künftigen Europacup-Klub aufzubauen? Was zum Beispiel Düsseldorfs Dodi Lukebakio mit Stuttgarts Benjamin Pavard veranstaltete, das sah nach vertauschten Rollen aus: Hier Pavard, der leibhaftige französische Weltmeister und baldige FC Bayern-Spieler zum Kaufpreis von 35 Millionen, dort Lukebakio, die Leihgabe des FC Watford für 300 000 Euro Mietgebühr.

Der Torwart Ron-Robert Zieler wurde später mit Fragen traktiert, die ihm mehr Geschick abverlangten, als er im Spiel hatte zeigen müssen. Zu halten gab es für den Schlussmann nicht viel, an den Gegentreffern blieb er schuldlos. Nun verlangten die Stuttgarter Reporter von ihm Auskunft darüber, was er vom Trainer hielte, wie lange der Trainer wohl noch im Amt bliebe, und wenn ja, warum überhaupt. Zieler erwiderte, dass sich für ihn diese Fragen nicht stellten und dass er der falsche Ansprechpartner sei, was alles weder loyal noch illoyal klang, sondern lediglich ratlos. Am Ende fiel aber doch noch ein vielsagender Satz: "Was soll der Trainer da machen, wenn sich die Mannschaft so präsentiert?"

Zu dieser Ansicht gelangten nach einer mutmaßlich unruhigen Nacht offenbar auch die Führungskräfte des Vereins. Am Montagvormittag verkündete Sportvorstand Michael Reschke einen Entscheid zugunsten von Markus Weinzierl, der das Gros der ständigen Beobachter zunächst mal überraschte (man hatte mit Rausschmiss gerechnet), der allerdings eher einem Duldungsbeschluss als einem Vertrauensbekenntnis glich. Weinzierl, erklärte Reschke, werde auch am nächsten Sonntag beim Spiel gegen RB Leipzig die Trainerbank besetzen.

Gisdol? Oder gar Klinsmann?

In Düsseldorf hatte der Manager keine Stellungnahme abgeben wollen, was die Spekulationen so sehr wuchern ließ, dass sogar eine Lösung mit Felix Magath in Betracht gezogen wurde, der schon vor 15 Jahren als Sanierer beim VfB tätig war. Der Schwabe Markus Gisdol und das Vereinsidol Jürgen Klinsmann, ebenfalls überzeugter Schwabe, sind weitere Personen, deren Namen mehr oder weniger plausibel die Gerüchte bereichern.

Sowohl in Düsseldorf als auch in Stuttgart hatten die sogenannten Umfelder diese Partie zu einem Akt von entscheidender Bedeutung stilisiert. Diese Einordnung stellte zwar in Anbetracht des immer noch relativ frühen Saison-Stadiums eine Dramatisierung dar, dennoch war es aufschlussreich zu sehen, wie die beiden Teams die lästigen Erwartungen verarbeiteten. Während die Düsseldorfer, vom gestrengen Funkel nach dem 1:4 im Pokal auf Schalke auf acht Positionen radikal umgebaut, mit Entschlossenheit, Verstand und Leichtigkeit vorgingen, gaben die Stuttgarter geradezu präzise das gegenteilige Bild ab.

Man fragte sich, was ihnen größere Probleme machte: Der Aufbau eigener Angriffe oder die Abwehr der schnellen Düsseldorfer Gegenzüge? Das Eigenlob des Düsseldorfer Abwehrchefs Kaan Ayhan, sein Team habe "nicht nur eine gute, sondern auch eine reife Leistung" geboten, war so berechtigt wie Zielers Selbstanklage, mit dieser lethargischen Vorstellung habe man den "Tiefpunkt der Saison" erreicht. Dass der argentinische Mittelstürmer Nicolas Gonzalez, Stuttgarts einsame Sturmspitze, in der Nachspielzeit wegen einer Tätlichkeit vom Feld gestellt und am Montag für drei Spiele gesperrt wurde, das passte wie bestellt zu diesem schwarzen Sonntag.

Cheftrainer Weinzierl hatte zur Aufklärung all der unheilvollen Dinge nicht viel Erhellendes beizutragen. "Die Jungs haben Probleme mit der aktuellen Situation, mit dem Tabellenbild und mit dem Druck", sagte er. So viel steht aber immerhin fest beim VfB: An diesen Begleitumständen wird sich während der nächsten Woche nicht viel ändern.

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