Außenministertreffen:Wie die USA Verbündete gegen Iran suchen

Polish Foreign Minister Jacek Czaputowicz meets U.S. Secretary of State Mike Pompeo at the Lazienki Palace in Warsaw

Polens Außenminister Jacek Czaputowicz begrüßt seinen US-Kollegen Mike Pompeo zu Beratungen in Warschau.

(Foto: REUTERS)
  • Bei einem Außenministertreffen in Warschau wollten die USA mit mehr als 70 Staaten zur Zukunft des Nahen Ostens beraten.
  • In wichtigen europäischen Hauptstädten nahm man das Treffen als Versuch wahr, die Europäer zu spalten und Willige für den US-Kurs gegen Iran zu gewinnen.
  • Irans Außenminister Mohammad Jawad Zarif spricht über das Treffen von einem "Zirkus". Ein Gewinner könnte indes Israels Premierminister Netanjahu sein.

Von Paul-Anton Krüger

Zwei Antworten gaben amerikanische Diplomaten nach dem Rückzug von Präsident Donald Trump aus dem Atomabkommen mit Iran auf die Frage, wie das Weiße Haus denn gedenke, die Europäer für seine "Kampagne des maximalen Drucks" gegen Teheran zu gewinnen. Die einen zuckten resigniert mit der Schulter. Die anderen erklärten, die Europäer bräuchten halt noch ein bisschen Zeit zum Schmollen, bis auch sie auf die harte Linie einschwenken würden. Man werde zunächst die Verbündeten in Asien überzeugen, dann seien die Europäer an der Reihe. Man sehe die Bedrohung durch Iran ja ganz ähnlich, nur bei der Wahl der Mittel gebe es halt verschiedene Ansichten.

Nun schien für Außenminister Mike Pompeo der Zeitpunkt gekommen zu sein. Während einer Reise durch neun arabische Staaten im Januar kündigte sein Ministerium an, die USA würden zusammen mit Polen ein Außenministertreffen in Warschau ausrichten. Pompeo war da gerade in den Golfstaaten und sagte freimütig, dass Iran zentrales Thema der Konferenz sein werde. Offiziell hieß es, man wolle mit mehr als 70 überwiegend westlichen und arabischen Staaten beraten, wie sich eine "Zukunft des Friedens und der Sicherheit" im Nahen Osten befördern lasse. Die USA hätten da ja so ihre Erfahrungen, ätzte ein Diplomat aus einem europäischen Land mit Blick auf die mit Lügen gerechtfertigte Irak-Invasion 2003.

In wichtigen europäischen Hauptstädten nahm man das Treffen wahr als Versuch, die Europäer zu spalten und die Willigen unter ihnen für den US-Kurs zu gewinnen - man fühlt sich an Donald Rumsfelds Koalition der Willigen gemahnt und sein Diktum vom alten und neuen Europa. Mit Argwohn beobachtet man auch, wie Pompeo rechtspopulistische Regierungen wie die in Ungarn oder Polen umgarnt.

Das Treffen legt einen tiefen Dissens offen

Die Anwesenheit von Vizepräsident Mike Pence und Trumps Nahost-Berater und Schwiegersohn Jared Kushner sollte den Druck offenkundig noch steigern, die politische Bedeutung unterstreichen, die Washington der Veranstaltung beimisst. Doch statt Geschlossenheit zu produzieren, legt das Treffen, das Mittwochabend mit einem Dinner begann, einmal mehr den tiefen Dissens zwischen der Trump-Regierung und den wichtigsten US-Verbündeten in Europa offen; China und Russland boykottieren die Konferenz.

Frankreich, dessen Präsident Emmanuel Macron es mit einer Männerfreundschaft zu Trump versuchte, schickt nur den politischen Direktor des Außenministeriums. Aus Berlin kommt Niels Annen, Staatsminister im Auswärtigen Amt. Der britische Außenminister Jeremy Hunt hat seine Teilnahme bestätigt, aber erst als die Ausrichter sich entgegen ihrer ursprünglichen Pläne bereit erklärten, eine Diskussion zum Krieg in Jemen auf die Tagesordnung zu setzen.

Die drei Länder hatten kürzlich in Paris eigens eine Zweckgesellschaft gegründet, um nach europäischem Recht legale Geschäfte mit der Islamischen Republik abwickeln zu können. Letztlich dient sie dazu, dass Unternehmen die US-Finanz- und Wirtschaftssanktionen unterlaufen können. Kein Konzern und keine Firma, die nennenswerte Geschäftsinteressen in den USA hat, wird davon Gebrauch machen - aber das politische Signal ist verheerend für Trump. Und die Europäer hoffen, Handel zumindest in dem Umfang erhalten zu können, den es auch vor Abschluss des Atomabkommens gab, obwohl damals auch in der EU Sanktionen galten.

Polen stimme nicht mit dem Ansatz der amerikanischen Iranpolitik überein

Schon in Asien hatten enge Alliierte wie Japan und Südkorea Ausnahmegenehmigungen beantragt, um weiter Öl aus Iran importieren zu können. Und entgegen aller Brachialrhetorik aus Washington, die Einfuhren müssten auf null heruntergefahren werden, erteilte Washington sie.

Selbst Mitveranstalter Polen, nach den Worten von Außenminister Jacek Czaputowicz einer der engsten Verbündeten von Trumps Amerika, müht sich nach Kräften, den Eindruck einer Anti-Iran-Konferenz zu vermeiden. Polen unterstütze das Atomabkommen, sagte er, und stimme nicht mit dem Ansatz der amerikanischen Iranpolitik überein. Iran hatte zuvor den polnischen Botschafter in Teheran ins Außenministerium einbestellt.

Sollte ursprünglich über die Weiterverbreitung von Raketen, Terrorismus-Unterstützung und andere Dinge geredet werden, die Washington Iran vorwirft, wird jetzt vor allem auf Drängen Polens auch über den Friedensprozess in Nahost diskutiert, über den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, über Syrien und Jemen. "Wirklich gute Ergebnisse" erhofft sich Pompeo von den Debatten an diesem Donnerstag, wie er sagte. Weder er noch Czaputowicz aber beantworteten die Frage, was konkret sie sich von dem Treffen erwarten - normalerweise sind bei solchen Konferenzen Abschlusserklärungen weitgehend vorher ausgehandelt.

So aber wird es maßgeblich um die öffentliche Wahrnehmung gehen - von einer PR-Veranstaltung ist die Rede. Irans Außenminister Mohammad Jawad Zarif spricht gar von einem "Zirkus". Ein Gewinner der Warschauer Zusammenkunft könnte indes Israels Premierminister Benjamin Netanjahu sein. Er soll mit hochrangigen Vertretern arabischer Staaten an einem Tisch sitzen und könnte so einmal mehr demonstrieren, dass Israels Isolation in der Region durchbrochen ist - und seine Einschätzung Irans als Bedrohung weithin geteilt wird.

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