Lichtkonzern:Osram führt Übernahmegespräche

Osram

Die Osram-Zentrale in München bei Nacht.

(Foto: Rene Ruprecht/dpa)
  • Vor drei Wochen hatte Osram-Chef Olaf Berlien noch gesagt, es gäbe keine Pläne, das Unternehmen zu verkaufen.
  • Nun führt der Lichtkonzern Gespräche mit den US-Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle Group. Sogar ein Komplett-Verkauf sei möglich, heißt es von Osram.
  • Das wäre das Ende der Selbständigkeit des Traditionskonzerns. Auch eine Zerschlagung wäre möglich.

Von Thomas Fromm

Es war ein kühler Januar-Abend in Rom, als ein gut gelaunter Osram-Chef mit seinen Gästen durch den Petersdom zog. Olaf Berlien schwärmte von den 100 000 Leuchtdioden, die sein Unternehmen bis in die letzten heiligen Winkel des Doms installiert hatte. Jetzt, nur drei Wochen später, steht sein Unternehmen vor der Übernahme durch zwei Finanzinvestoren.

An jenem Januar-Nachmittag vor der Eröffnungsfeier saß der Manager noch im Konferenzraum eines Hotelkellers und nahm sich Zeit für sehr weltliche Dinge. Zum Beispiel ging es um die Frage, ob etwas an den Gerüchten dran ist, die sich seit Wochen hartnäckig halten: Dass der über 100 Jahre alte Lichtkonzern ins Visier von Finanzinvestoren aus den USA und auch chinesischen Investoren geraten sein könnte. Da berichtete Berlien, dass er erst kurz vorher bei einer Investorenkonferenz in New York "mit mindestens 50 Investoren gesprochen" habe. Aber wie das oft so ist: Über eine Firma reden heiße ja nicht gleich, eine Firma zu verkaufen. "Osram steht heute nicht zum Verkauf", sagte Berlien. "Deshalb gibt es auch keinen Verkaufsprozess." Einen starken "Ankeraktionär" wünsche er sich für die frühere Siemens-Tochter. Einen Großaktionär, der ihn bei seinen Strategien unterstütze und gegen feindliche Übernahmen schütze. Aber ein Komplett-Verkauf?

Drei Wochen später ist die Osram-Welt eine andere. Am Mittwochabend bestätigte Osram erstmals Gespräche mit den Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle Group, die "einen gemeinsamen Erwerb von bis zu 100 Prozent" der Osram-Aktien erwägen. Man führe "derzeit vertiefte Gespräche mit den Interessenten", so Osram. Allerdings sei "derzeit noch nicht abzusehen, ob es eine Investition seitens Bain Capital und Carlyle Group geben wird. Auch ein Scheitern der Gespräche ist möglich".

Seit dem Verkauf des klassischen Lampengeschäfts ist der Konzern auf der Suche nach einer Strategie

Die entscheidende Prüfung der Unternehmens-Bücher - in der Branche "Due-Diligence" genannt - dauert zur Zeit an. Bis Ende März könnten die Interessenten ihr Gebot abgeben, mit dem sie das Unternehmen von der Börse nehmen könnten. Osram im Besitz von zwei Finanzinvestoren - es wäre das Ende der Selbständigkeit des alten Traditionskonzerns mit rund 25 000 Beschäftigen. Und der Beginn einer ungewissen Zukunft, denn selbst eine Zerschlagung Osrams wäre dann wohl nicht mehr ganz ausgeschlossen.

Die Krise dauert schon länger, denn Osram wurde nach dem Verkauf seines traditionellen Lampengeschäfts an chinesische Investoren im Sommer 2016 immer kleiner. Größe und Umsatz schrumpften. Zuletzt ging es im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2018/19 um 15 Prozent auf 828 Millionen Euro runter. Folge: Osram kündigte, wieder einmal, den Abbau von Jobs an - diesmal geht es um 300 Arbeitsplätzen und 200 Zeitarbeiter-Jobs bei der Chiptochter Opto Semiconductors in Regensburg. Osram soll nach den Worten seines Chefs nun ein "Photonics"-Konzern werden. Was das ist, erklärt Berlien so: "Der Osram der Vergangenheit war ein Licht-An-und -Aus-Anbieter. Das Osram der Zukunft ist ein Photonics-Konzern. Ein Großteil des Lichts, das wir machen, ist gar nicht mehr sichtbar - wir sind zum Beispiel Weltmarktführer bei Infrarot-Chips. Die brauchen Sie für autonomes Autofahren, für Sensoren, für Uhren, für Handys."

Das Problem nur: Berliens Geschichte vom Osram der Zukunft zieht nicht. Verlustquartale, Gewinnwarnungen, kassierte Jahresprognose, der Börsenkurs nach unten - es sind dies Momente in der Geschichte eines Unternehmens, die Finanzinvestoren notorisch anziehen. Wo eine Strategie wackelt und vielleicht sogar auch ein Chef, wo der Börsenwert halbiert ist, wo der Chef persönlich in Zeitungsinterviews von "dunklen Wolken" am Horizont orakelt, da wittern sie ihre Chance für einen günstigen Einstieg. Ob sie dann bereit sind, gemeinsam mit dem Vorstandschef an dessen Strategie zu arbeiten, ist dann noch mal eine ganz andere Frage. Der Zeitpunkt für die Übernahmegespräche ist äußerst brisant: Am Dienstag trifft Berlien seine Aktionäre zur Hauptversammlung in München. Für ihn wird es ein Spießrutenlauf. Seine Aktionäre werden wissen wollen, wie es so weit kommen konnte. Am Mittwoch stieg die Osram-Aktie erst einmal um rund 14 Prozent auf 40 Euro - aber nur wegen der Übernahmegespräche.

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