Im Rahmen des Kunstvereins:Arkadische Momente

Dokumentation von Peter Kees feiert Uraufführung im Alten Kino

Von Michaela Pelz, Ebersberg

"Ich suche Arkadien, habe ich es gefunden?" "Ja. Aber Sie dürfen hier nicht rein! ... Wenden Sie sich an die Hausverwaltung!" Schallendes Gelächter im vollbesetzten Alten Kino. Auf der Leinwand ist zu sehen, dass auch Filmemacher Peter Kees kaum an sich halten kann während dieses skurrilen Gesprächs mit dem Portier der ersten "Gated Community" Deutschlands namens "Arcadia" am Glienicker Horn in Potsdam.

Es ist die zweite Station der Dokumentation "Versuchungen des Glücks: Arkadien - der Film", einer Reise quer durch die Welt, um dem Mythos des Sehnsuchtslandes Arkadien näherzukommen, in dem dauerhaftes Glück einhergeht mit mehr Frieden, Liebe und Genuss sowie einer Rückkehr zur Natur, weg von entfremdeter Arbeit, Krieg und dem allgegenwärtigen Druck von "Upgrades und Updates", wie es der Schriftsteller Björn Kern an einer Stelle formuliert. Aktionskünstler Kees, als Kurator für die Arkadien-Jahresausstellung des Kunstvereins Ebersberg verantwortlich, hat sich dafür an mehr als ein Dutzend Orte begeben - in Deutschland, Italien und Griechenland. Dort hat er mit Menschen gesprochen und Projekte aufgetan, die bei aller Unterschiedlichkeit eines gemeinsam haben: den Wunsch nach Freiheit und Autonomie.

Eine solche findet sich in großem Maße am ersten filmischen Stopp, beim Treffen mit Klaus Prätor, Philosoph und Informatiker, im idyllischen Bergdorf Formine oberhalb des Lago Maggiore, das ohne Zugangsstraße nur per 45-minütigem Fußmarsch erreichbar ist und zu dem nach wie vor alle Einkäufe per Lastengondel transportiert werden müssen. Ganz so abgeschieden ist das Regenrückhaltebecken des alten Tempelhofer Flughafens nicht, wo sich Studierende und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt im Rahmen der "Floating University" sechs Monate lang mit Stadtentwicklung beschäftigten. Aber auch dort stehen neue Wege beim Umgang mit Ressourcen und im täglichen Miteinander im Vordergrund. Genauso wie in der Malzfabrik und der "Teepeeland"-Aussteiger-Siedlung, beide in Berlin, oder in der Münchner Villa Stuck mit der begehbaren Kunstruine "Never give up the spot". Die Präsentation dieser Projekte wechselt sich ab mit Landschafts- und Naturaufnahmen; auch und gerade von Ziegen und Schafen, die natürlich im Zusammenhang mit dem Thema der Hirtenidylle nicht fehlen dürfen. Als geschickter Kontrast: die Reihenhaussiedlung "Arkadien" in Poing.

Von seinen Gesprächspartnern will Peter Kees immer wieder eines wissen: "Ist DAS hier Arkadien?" Zu Wort kommen dabei zahlreiche Griechen, mit denen sich die Konversation zuweilen ein wenig holprig gestaltet - wobei alle ein herzliches, manchmal auch ratlos-nachsichtiges Lächeln auf dem Gesicht haben. Außerdem spricht Kees mit dem, wie ein Zuschauer hinterher anmerkt, "überheblichen" Markus Lüpertz, der zum Thema Arkadien geschrieben und gemalt hat. Große Zustimmung beim Publikum findet hingegen der fränkische Künstler Reiner Zitta - nicht nur wegen der Aussage, sein Bett sei sein Arkadien.

Eine ganz besondere Note erhält die Veranstaltung durch das Gespräch, das der Ebersberger Geräuschemacher Max Bauer, der auch für den Ton des Films verantwortlich zeichnet, im Anschluss mit Kees führt. Darin erklärt der Wahl-Steinhöringer, dass sich das literarische Konzept "Arkadien" zwar nicht eins zu eins in die Wirklichkeit übertragen lasse, aber Ideen liefere, wie die Welt verändert werden könne, ohne dass dies in Eskapismus münden müsse. Das Publikum ist beeindruckt, eine Zuschauerin formuliert es so: "Der Film war fordernd, aber gleichzeitig einfach und klar. Es geht darum, eingeschliffene Gewohnheiten zu überprüfen. Durch diesen Film versteht man plötzlich das ganze Festival-Projekt viel besser und erkennt, warum dazu auch ein Repair-Café und eine Kleidertauschparty gehören." Man muss der Dame Recht geben - am Ende fügen sich viele Puzzleteile zusammen, auch da, wo einem während des Films streckenweise die Orientierung gefehlt hat. Fast möchte man ihn sich nun noch einmal ansehen. Auf mehr Details achten. Und dann in die Diskussion mit anderen einsteigen.

Zu Ende geht der Abend mit einer ausgesprochen positiven Botschaft: Kees erklärt, dass man die von ihm überall auf der Welt errichteten "Arkadischen Quadratmeter" sehr wohl betreten dürfe - und dort außerdem gelte: "Rauchen und Trinken erlaubt!"

"Wo bitte geht's nach Arkadien": Weitere Termine von Jahresausstellung und Festival, das noch bis zum 10. März andauert, online unter www.kunstvereinebersberg.de/jahresausstellung-2019/

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