Organspende:Herz tot oder Hirn?

Eine Studie zum Thema Transplantationsmedizin offenbart erstaunliche Wissenslücken. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation wertet die Umfrageergebnisse als Argument gegen die von Gesundheitsminister Spahn geplante Widerspruchslösung.

Rund um das Thema Organspende gibt es laut einer Umfrage große Wissenslücken. Jeder dritte Bundesbürger (32 Prozent) weiß nicht, dass in Deutschland der Hirntod zwingende Voraussetzung für eine Organspende ist, wie aus der am Freitag vom WDR in Köln veröffentlichten Befragung hervorgeht. Sie seien der Ansicht, Organe könnten entnommen werden, wenn das Hirn noch arbeitet, während das Herz stillstehe. Organspenden finden aber statt, wenn das Hirn ausfällt und das Herz noch schlägt. Doch 40 Prozent der gut 1000 Befragten waren der Meinung, unter diesen Umständen dürften keine Organe entnommen werden. Selbst Besitzer eines Organspendeausweises wüssten nicht besser Bescheid über das Hirntod-Kriterium als die Befragten ohne Ausweis.

"Die Ergebnisse zeigen, dass selbst die Gruppe, die sich mit der Thematik befasst haben sollte, ehe sie den Organspendeausweis ausgefüllt hat, nicht nachhaltig genug aufgeklärt ist", sagte die Direktorin des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation, Beatrice Lugger. Fast die Hälfte der Menschen ab 65 Jahren (46 Prozent), die keinen Ausweis haben, begründeten dies nach den Angaben mit ihrem Alter, obwohl es für eine Organspende gar keine Altersgrenze mehr gebe. 21 Prozent der Befragten ohne Ausweis haben sich den Angaben zufolge mit dem Thema Organspende noch nicht beschäftigt.

Angesichts der geringen Informiertheit der Bevölkerung ist nach Ansicht Luggers die in der Diskussion stehende Widerspruchslösung kritisch zu betrachten. Bislang ist nur Organspender, wer dies ausdrücklich dokumentiert. Eine Widerspruchslösung würde dies umkehren: Bis zum Widerspruch wäre jeder ein potenzieller Spender. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) favorisiert eine solche Regelung.

Auch die Stiftung Patientenschutz wertete die Zahlen als Argument gegen die Widerspruchslösung. Vorstand Eugen Brysch betonte, eine Organspende müsse eine bewusste und freiwillige Entscheidung bleiben. "Es kann sehr persönliche Gründe geben, sich gegen die Organspende zu entscheiden. Diese Menschen dürfen sich für ihre Haltung nicht rechtfertigen müssen."

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