Kurzkritik:Ein Geschenk

Kurzkritik: Jazz mit afrokubanischen Einflüssen: der Pianist Harold López-Nussa in der Unterfahrt.

Jazz mit afrokubanischen Einflüssen: der Pianist Harold López-Nussa in der Unterfahrt.

(Foto: Unterfahrt)

Das Harold López-Nussa Trio in der Unterfahrt

Von Ralf Dombrowski

Sehen hilft verstehen. Denn die Musik allein entzieht sich zunächst der Nachvollziehbarkeit, zumindest für den rhythmisch normalbegabten Mitteleuropäer. Wenn man Ruy López-Nussa allerdings genau beobachtet, wie er die Vielschichtigkeit seiner Klangstrukturen aus einer hochsensiblen, aufmerksamen Körperlichkeit heraus entwickelt, wird klar, wie sehr das Geschehen auf der Bühne selbst bereits einem Organismus ähnelt. Wie er mit seinem Bruder, dem Pianisten Harold López-Nussa, und dem Bassisten Yasser Pino kommuniziert, ist eine permanente Wechselwirkung der musikalischen Impulse, ein Wachsen und Fallenlassen auf der Basis eines unhinterfragten gestalterischen Vertrauens, das jede Form der Experiments zulassen würde, ohne dass es tatsächlich ausgeführt werden muss.

So kommt es, dass das Trio auf der Bühne der Unterfahrt eine Natürlichkeit und Unverkrampftheit ausstrahlt, die mit purer Professionalität nicht zu erklären ist. Zwar sind alle drei herausragende Instrumentalisten und kennen das Vokabular vom klassischen Trio-Jazz bis hin zur afrokubanischen Unterhaltungskultur. Und natürlich gehören neben eigenen Stücken auch Ohrwürmer wie "El Manisero" zum Programm des Abends. Letztlich bleibt es aber gleich, welche Kompositionen die drei sich im einzelnen aussuchen. Denn im Mittelpunkt steht die Musik an sich, die über das Spiel zu einem Gesamteindruck, einem Schweben, Schwingen, Fließen, zu einer Stimmung wachsen kann, die von der Bühne auf das Publikum übergeht. Die Virtuosität ist dabei die Voraussetzung, dass den Musikern keine mechanischen Grenzen gesetzt sind. Haltung und Emotion sind hingegen die Basis, damit aus den Stücken mehr wird als nur beeindruckende Klaviertrio-Artistik.

Am Ende verabschiedet das Unterfahrt-Publikum die Künstler mit Standing Ovations. Und man geht mit dem Gefühl nach Hause, an einem Stück Leben der Musiker teilgehabt zu haben, das zu allem Überfluss auch noch von umfassender Fröhlichkeit und Freundlichkeit geprägt ist. Ein Geschenk.

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