Nordkorea:Der Diktator und die Frauen

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Kim Yo-jong ist entscheidend für das Image ihres Bruders Kim Jong-un, sagt eine Nordkorea-Expertin. (Foto: dpa)
  • In Nordkorea haben verschiedene Frauen aus dem Umfeld von Kim Jong-un einen großen Einfluss auf ihn.
  • Er und seine Frau Ri haben in Nordkoreas Elite ein modernes Frauenbild geschaffen.
  • Nordkorea brauche ein positives, weniger bedrohliches Bild, sagt eine Expertin. Dabei würden Frauen helfen.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Im Morgengrauen dieses Dienstags machte Kim Jong-uns gepanzerter Zug Halt in Nanning, einer chinesischen Millionenstadt nahe der vietnamesischen Grenze. Im schwarzen Mantel betrat Nordkoreas Machthaber den Bahnsteig und zündete sich eine Zigarette an. Seine Schwester Kim Yo-jong trat hinzu und hielt ihm einen kristallenen Aschenbecher hin. Auch seine Frau Ri Sol-ju war auf dem Bahnsteig zu sehen, ebenso die Sängerin Hyong Song-wol von der nordkoreanischen Moranbong-Band. Das meldete der japanische Sender TBS, dem es gelungen war, Kim während seiner Zigarettenpause zu filmen.

Kims Vater Kim Jong-il war zweimal verheiratet und hatte drei langjährige Geliebte, zeigte sich aber nie in Begleitung einer Frau. Seine Großmutter Kim Jong-suk, die Frau von Staatsgründer Kim Il-sung, wurde von der Propaganda zur "Mutter Koreas" stilisiert. Aber sie starb schon 1949.

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Anders als Kim trat seine heute 30-jährige Schwester direkt von der Uni in den Parteiapparat ein. Seit vier Jahren leitet sie die Propagandaabteilung. Stets ist sie in der Nähe, wenn Kim auftritt. Wenn er Dokumente unterzeichnen soll, springt sie herbei, hält ihm den Füller hin und blättert die Seiten um. "Kim Yo-jong ist entscheidend für Kims Image", sagte die Nordkorea-Expertin Jay Song von der Uni Melbourne jüngst in einem Podcast des Nordkorea-Forums "NKNews". "Sie hat Kim aus seinem Bau geholt und sorgt dafür, dass er sich vor Kameras und auf dem internationalem Parkett wohlfühlt. Sie orchestriert seine Auftritte." Auf offiziellen Fotos ist sie meist halb verdeckt hinter einer Säule oder am Rand zu entdecken.

Ein neues Frauenbild für Nordkoreas Elite

Als er mit US-Außenminister Mike Pompeo verhandelte, soll Kim gesagt haben: "Ich bin ein Vater und Ehemann. Und ich habe Kinder. Ich will nicht, dass meine Kinder ihr ganzes Leben die Bürde von Atomwaffen auf ihrem Rücken tragen." Das berichteten Mitglieder von Pompeos Team. Mit seiner Frau Ri Sol-ju tritt Kim auch in Nordkorea als modernes junges Paar auf, Ri meist in hellen westlichen Kleidern und einer Handtasche von Chanel. Er hält ihre Hand, oder sie hakt sich bei ihm unter. Das war selbst in Südkorea bis vor Kurzem nicht möglich. Ri hat für Nordkoreas Elite eine neues Frauenbild geschaffen. Sie geht nur selten hinter ihm, wie es die traditionelle Frauenrolle verlangt. Experten glauben, sie habe großen Einfluss auf ihren Mann. Und seine Schwester forme ihre Schwägerin zur perfekten First Lady - einer modernen Version der Großmutter.

Die Musikerin Hyong Song-wol, die inzwischen auch in Südkorea populär ist, hat ähnlich großen Einfluss. "Nicht auf das Image Kims. Sie steht für das schöne Korea", sagt Jong. Von Hyong hieß es vor einigen Jahren, sie sei in einen Sexskandal verwickelt, später meldeten Südkoreas Medien ihre Hinrichtung. Dann gehörte sie plötzlich zu den Schlüsselfiguren der Annäherung zwischen den beiden Koreas während der Olympischen Winterspiele 2018.

Mit Vize-Außenministerin Choe Son-hui und Kim Song-hye haben im Vorfeld des Gipfels auch zwei Frauen mit den Amerikanern verhandelt. "Nordkorea braucht ein positives, weniger bedrohliches Bild. Das von Männern dominierte, militaristische Image hilft nicht, Sanktionen zu überwinden oder die innerkoreanischen Beziehungen zu verbessern", sagt Song. Im Norden werden die Frauen sicher weiter an Einfluss gewinnen. "Ironischerweise hinkt das demokratischere Südkorea hinterher. Gerade im Friedensprozess wären die Frauen wichtig."

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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