Nahaufnahme:Nicht nur Zaunkönig

Nahaufnahme: „Wenn man so ein Spitzeninstitut richtig aufstellt, ist es weniger riskant als die heutigen einzelnen Landesbanken“, sagt Gerhard Grandke.

„Wenn man so ein Spitzeninstitut richtig aufstellt, ist es weniger riskant als die heutigen einzelnen Landesbanken“, sagt Gerhard Grandke.

(Foto: dpa)

Gerhard Grandke ist Präsident des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen und findet eine Super-Landesbank eigentlich gut. Erst kürzlich hatte er sich aber als Verwaltungsratschef der Helaba geweigert, die Nord-LB zu übernehmen.

Von Meike Schreiber

Gerhard Grandke kokettiert gerne mit der eigenen Bedeutungslosigkeit. Als Präsident des Sparkassenverbandes Hessen-Thüringen sei er nur ein Zuschauer im bundesweiten Machtspiel der Sparkassen und Landesbanken. Schalkhaft sagt er dann, er sei nur Zaunkönig unter Adlern - ohne Gewicht bei bedeutenden Entscheidungen. Zum Beispiel bei der Frage, wann die Sparkassen ihre Landesbanken fusionieren oder wie es mit der Nord-LB in Hannover weitergeht, jener Landesbank, die Sparkassen und Niedersachsen mit 3,5 Milliarden Euro retten müssen.

Schon rein optisch ist das Bild des Zaunkönigs aber irreführend: So dominiert der über zwei Meter große, stattlich gebaute und rhetorisch unerschrockene Grandke nicht nur fast jede Versammlung, er hat in Deutschlands größter Bankengruppe auch deutlich mehr Einfluss als manch anderer der zwölf regionalen Sparkassenpräsidenten von Bayern bis Schleswig-Holstein.

Erst kürzlich weigerte sich Grandke, mit seiner Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), deren Verwaltungsratschef er ist, die angeschlagene Nord-LB zu übernehmen. Ihr Einstieg in Hannover wäre für die übrigen Sparkassen und das Land Niedersachsen eine feine Sache gewesen. Die Hessen hätten nicht nur im Alleingang die Nord-LB gerettet, es wäre auch der erste Schritt in Richtung einer Großfusion der Landesbanken gewesen, so wie sie Helmut Schleweis vorschwebt, dem Präsidenten des Dachverbandes DSGV.

Doch Grandke wäre nicht Grandke, hätte er nicht im letzten Moment abgewinkt, spätestens als klar wurde, dass ihm die Eigentümer der Nord-LB wenig entgegenkommen. Dazu muss man wissen: In Hessen hat sich die Vorsicht in die DNA von Landesbank und Sparkassen eingeschrieben, seit die Helaba in den 70er-Jahren fast pleite war. Damit ist man gut gefahren: In der Finanzkrise kam die Landesbank, die zu 80 Prozent 49 Sparkassen in Hessen und Thüringen gehört, ohne Staatshilfe aus. Später erstarkte sie weiter, als sie sich wichtige Geschäfte der Düsseldorfer West-LB einverleiben konnte.

Verweigert sich Grandke nun aber auch einer Fusion mit anderen Landesbanken? So weit würde der Sparkassenpräsident nie gehen. Die Konditionen müssten aber stimmen. Auf seiner Jahrespressekonferenz gab er sich am Donnerstag konziliant: "Wenn man so ein Spitzeninstitut richtig aufstellt, ist es weniger riskant als die heutigen einzelnen Landesbanken." Es brauche aber "eine Koalition der Willigen". Denkbar sei, dass zunächst die Institute Deka, Berlin Hyp und Helaba zusammengingen. "Ich bin nicht der Verhinderer", sagt er und knipst sein breitestes Lächeln an.

Viel wahrscheinlich aber ist, dass in dieser Hinsicht rein gar nichts passiert, bis Grandke, 63, in zwei Jahren in Ruhestand geht. Mit ihm wird sich ein Sparkassenfunktionär verabschieden, der aus der homogenen Truppe wie kaum ein anderer heraussticht. Wer dort Karriere machen will, sollte CDU-Parteibuch und Bankausbildung haben. Als SPD-Mann ist Grandke bei den Sparkassen ebenso eine Ausnahme wie mit seinem eher intellektuellen Hintergrund (Studium der Soziologie, Anhänger der Systemtheorie). Was nicht heißt, dass er kein Mann der Tat ist: Bevor er 2009 Sparkassenpräsident wurde, war er zwölf Jahre lang Oberbürgermeister von Offenbach, wo er sich um den Aufstieg der wirtschaftlich geschundenen Stadt bemühte. Das gelang ihm so gut, dass die Partei ihm die Kandidatur als Ministerpräsident antrug, was er jedoch ablehnte. Heute wohnt er - trotz üppigen Gehalts - immer noch mit seiner Familie im Reihenhaus im Offenbacher Süden, der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Vielleicht, weil man sich dort so schön unbedeutend fühlen kann.

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