Ahlen in Nordrhein-Westfalen:Streit um einen gepfändeten Mops

Das Festival für Hundefreunde 'h.und'

Ein Mops wie dieser wurde im nordrhein-westfälischen Ahlen gepfändet und auf eBay verkauft.

(Foto: Volker Dornberger/dpa)

Weil eine Familie unter anderem ihre Hundesteuer schuldig bleibt, nimmt ihr die Stadt Ahlen den Hund weg und verkauft ihn bei Ebay. Nun beschwert sich die neue Besitzerin.

Von Max Sprick

Süß und mit Stammbaum, geimpft, gechipt und dem Tierarzt zufolge kerngesund - so wurde Mopsdame Edda vergangenen Dezember in einem Inserat auf dem Verkaufsportal Ebay-Kleinanzeigen angepriesen. Auf dem dazugehörigen Foto kuschelt das ein Jahr alte, pechschwarze Tierchen mit einem roten Plüschteddy. Wirklich süß. Und erstaunlich günstig: Gerade mal 750 Euro sollte Edda kosten. Verhandlungsbasis.

"Ich habe zunächst an eine Fake-Anzeige geglaubt", sagte Michaela Jordan dem Ahlener Tageblatt. Normalerweise würde bei einem solchen Mops gut und gerne das Doppelte verlangt, mindestens. Also rief Jordan bei der angegebenen Telefonnummer der Privatanzeige an. Die Nummer führte zur Stadtverwaltung von Ahlen in Nordrhein-Westfalen. Am Telefon erfuhr Jordan dann, dass Mops Edda gepfändet worden sei. Deren ursprüngliche Eigentümerin habe Schulden bei der Stadt, unter anderem sei sie bei der Zahlung von Hundesteuerbeträgen säumig. Jordan sei zwar etwas ungläubig gewesen, ob eine solche Pfändung rechtens sei, willigte aber zum Kauf ein und holte den Hund ab und zu sich ins Rheinland. An dieser Stelle könnte die Geschichte vom Ahlener Mops-Verkauf zu Ende sein. Edda gut, alles gut.

Doch die Geschichte beginnt hier erst richtig.

Da wäre zunächst Eddas frühere Besitzerin: Ja, sie habe Schulden bei der Stadt, räumte die anonym gebliebene Frau ein. Ihr sei auch klar, dass die Pfändung rechtens sei und sie ihren Hund nicht wiederbekommen wird. Das akzeptiere sie zwar, "ich weiß jetzt, dass Edda in guten Händen ist". Schwer sei es aber für ihre drei Kinder im Alter zwischen fünf und neun Jahren, die seien noch nicht über den Verlust ihres Haustieres hinweg. Und: "Wie das alles abgelaufen ist, das war absolut nicht okay."

Im November hätten eine Gerichtsvollzieherin sowie zwei städtische Mitarbeiter vor ihrer Tür gestanden und einen Durchsuchungsbeschluss präsentiert, sagt die Frau. "Ich war zunächst geschockt." Vor allem, weil zunächst Handbike und Rollstuhl ihres querschnittgelähmten Ehemannes hätten gepfändet werden sollen. "Dabei gehört mir das nicht, sondern ist Eigentum der Berufsgenossenschaft", sagte der Mann der Zeitung. Außer einem Laptop, einem Kaffeevollautomaten und Edda war in der Wohnung nichts Wertvolles aufzutreiben.

Der nächste Protagonist in diesem Mops-Drama ist der Verkäufer, die Stadt Ahlen. Die ganze Aktion mit der Hunde-Pfändung und anschließendem Verkauf über Ebay sei "nicht die übliche Vorgehensweise bei Vollstreckungen durch die Stadt Ahlen", teilte Sprecher Frank Merschhaus der Süddeutschen Zeitung mit. Auch das Verhalten des inserierenden Mitarbeiters sei "sehr fragwürdig". Sein privates Kleinanzeigen-Konto in dem Fall zu nutzen, sei zwar "pragmatisch" gewesen, werfe nun aber nachvollziehbare Fragen auf. Auch sei noch nie zuvor ein Tier zur Schuldeneintreibung gepfändet worden.

Rein rechtlich gesehen bietet der Fall guten Stoff für juristische Seminare. Nach Paragraph 90a im BGB sind Tiere keine Sachen. Paragraf 811c Satz 1 der Zivilprozessordnung besagt: Tiere, die nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden, sind der Pfändung nicht unterworfen. Satz 2 zufolge aber kann der Gläubiger eine Pfändung beantragen, wenn das Tier einen hohen Wert darstellt. Tiere zu pfänden, ist verfassungsrechtlich also zumindest rechtlich prekär. Da Eddas Wert aber durchaus beträchtlich ist, war ihr Verkauf "rechtlich auch zulässig", resümiert Sprecher Merschhaus.

Mehr juristisches Konfliktpotenzial

Zurück zum Mops. Der liefert noch in anderer Hinsicht juristisches Konfliktpotenzial, denn Michaela Jordan fordert von der Stadt Ahlen nun Geld. Sie will den Kaufpreis für Edda zurückerstattet bekommen - und rund 1800 Euro zusätzlich. Edda sei nämlich nicht "kerngesund". "Sie hat eine massive Augenverletzung, die der Tierarzt behandeln musste", sagt Jordan. Mittlerweile sei der Mops schon viermal operiert worden, unter anderem an Weihnachten, in einer Notoperation.

Die Betreiberin der Zucht, aus der Edda stammte, äußerte sich ebenfalls im Ahlener Tageblatt. "Dass ein Hund gepfändet wird, habe ich in den 16 Jahren, seitdem ich züchte, noch nicht erlebt", sagte Uschi Dukowski. Ihr sei Edda zunächst zum Rückkauf angeboten worden, sie habe daraufhin um Fotos gebeten. Sie habe gleich erkannt, dass "irgendwas mit den Augen ist". Ringe um Eddas Augen könnten Hinweis auf einen möglichen Milbenbefall oder eine Futtermittelallergie sein. Die Züchterin habe dann angeboten, den Mops für maximal 500 Euro zurückkaufen, zumal Stammbaum-Papiere fehlten. "Dieser Betrag war dem Mitarbeiter der Stadt nicht hoch genug", sagte Dukowski.

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