Internetkriminalität:30-Jähriger bringt Unternehmen um Bitcoins im Wert von 180 000 Euro

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Experten für internetkriminalität machten einen Mann ausfindig, der ein Unternehmen um Bitcoins im Wert von etwa 180 000 Euro brachte. (Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Cybercrime-Experten aus Bamberg und München ermittelten etwa fünf Monate, bis sie den Mann ausfindig machten.
  • Nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens wird sich der Beschuldigte wegen Computerbetrugs vor Gericht verantworten müssen.
  • Das Gesetz gibt eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis vor.

Von Fridolin Skala

Damit hatte ein 30 Jahre alter Münchner so gar nicht gerechnet, als er kurz vor den Weihnachtsfeiertagen seine Wohnungstür öffnete. Dort warteten Ermittler mit einem Durchsuchungsbeschluss und einem Haftbefehl. Denn sie verdächtigten den IT-Systemadministrator, ein Münchner Unternehmen um Bitcoins im Wert von rund 180 000 Euro gebracht zu haben. Mitte Januar dann räumte der Mann die Tat ein, wie die Münchner Polizei jetzt berichtet. Um die laufenden Ermittlungen zu schützen, habe der Fahndungserfolg erst jetzt öffentlich gemacht werden können, sagte eine Polizeisprecherin.

Ungefähr fünf Monate lang haben die Experten der Zentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg und des Münchner Kriminalfachdezernates Cybercrime ermittelt. Denn bereits im Sommer vergangenen Jahres waren einem Mitarbeiter der Firma, für die der 30-Jährige früher arbeitete und die unter anderem Server für den Handel mit Kryptowährung betreibt, unrechtmäßige Überweisungen aufgefallen. Das Unternehmen erstattete Anzeige bei der Polizei München.

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Obwohl die Ermittlungsdienststelle des zuständige Fachdezernats Cybercrime jedes Jahr circa 1900 Fälle von Cyberkriminalität bearbeitet, standen die Beamten vor einer schwierigen Aufgabe. "Der Täter hatte alle erdenklichen Wege genutzt, um seine Identität zu vertuschen", erklärt Kriminaldirektor Oliver Penonic, Leiter des Cybercrime-Dezernates. So habe er nach dem ersten Transfer der Bitcoins auf seine eigene Wallet, so heißen die Konten für Kryptowährungen, den Betrag zunächst in zahlreichen Umbuchungen auf weitere Wallets aufgesplittet.

Da die hinter der digitalen Währung stehende Blockchain, eine Liste von Datensätzen, aber für alle offen einsehbar ist, der Weg der Bitcoins also nachvollzogen werden kann, gab sich der Täter große Mühe, die Nachverfolgung zu erschweren. In einer Art digitaler Geldwäsche tauschte er die Bitcoinbeträge direkt mit anderen Nutzern und nutzte auch einen sogenannten Bitcoin-Mixer.

Bei solchen Mixing-Diensten werden die digitalen Münzen an einen Dienstleister abgegeben. Der mischt sie mit anderen Münzen in einem Pool zusammen und gibt dem Nutzer danach neue Münzen aus, deren Herkunft nicht mehr nachverfolgt werden kann. "Das ist per se nicht illegal, aber ein Phänomen, das uns die Arbeit in letzter Zeit deutlich erschwert", erklärt Penonic. Noch dazu habe der Täter darauf geachtet, dass seine IP-Adresse, die Rückschlüsse auf den Computer des Täters hätte geben können, immer verschleiert blieb.

All der Mühe zum Trotz fanden die IT-Forensiker digitale Spuren, die sich eindeutig dem 30-jährigen Münchner zuordnen ließen. Weil er als ehemaliger Mitarbeiter des geschädigten Unternehmens zudem die Zugangsdaten zu den Wallets der Firma kannte, verstärkte sich der Verdacht in seine Richtung. Nach rund fünf Monaten Ermittlungsarbeit wurde der Mann schließlich festgenommen. Weil er Angaben zum Verbleib der erlangten Bitcoins machte, kam er nach einem Monat Untersuchungshaft unter Auflagen wieder frei.

Noch sind die Untersuchungen aber nicht abgeschlossen und die Ermittler versuchen weiter, aufgesplitteten Bitcoinbeträge an das Münchner Unternehmen zurück zu transferieren. Da jedoch absehbar ist, das nicht der gesamte Betrag zurückgeführt werden kann - für die Nutzung des Bitcoin-Mixers musste der Beschuldigte etwas bezahlen -, stellten die Strafverfolgungsbehörden außerdem Vermögenswerte des 30-Jährigen in einer Höhe von 184 000 Euro sicher.

Dieses Privatvermögen kann auch dann herangezogen werden, wenn die geschädigte Firma einen Wertverlust der Bitcoins geltend macht. Der Bitcoin-Kurs ändert sich laufend. So hätte das Münchner Unternehmen Ende Juli 2018 mit dem Verkauf der knapp 30 gestohlenen Bitcoins rund 210 000 Euro Gewinn machen können. Heute sind die Bitcoins nur noch 100 500 Euro wert.

Nach dem Abschluss des Ermittlungsverfahrens wird sich der Beschuldigte wegen Computerbetrugs vor Gericht verantworten müssen. Das Gesetz gibt eine Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis vor.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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