Trainer Labbadia in Wolfsburg:Die Chemie stimmt einfach nicht

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Werden keinen gemeinsamen Urlaub planen: Wolfsburgs Trainer Bruno Labbadia (li.) und Wolfsburgs Geschäftsführer Sport Jörg Schmadtke. (Foto: Peter Steffen/dpa)
  • Der VfL Wolfsburg ist auf Europapokalkurs, spielt am Sonntag gegen Bremen.
  • Trotzdem muss Trainer Labbadia am Saisonende vermutlich gehen.
  • Geschäftsführer Schmadtke sagt: "Manchmal stimmt die Chemie einfach nicht."

Von Carsten Scheele, Wolfsburg

Der Auftritt von Bruno Labbadia geriet staatsmännnisch, dabei hätte Wolfsburgs Trainer am Freitagmittag sogar das Recht gehabt, beleidigt oder verstimmt zu sein. Doch Labbadia wollte den Interview-Schlagabtausch mit Geschäftsführer Jörg Schmadtke nicht um eine weitere Episode erweitern. Für ihn sei "das Allerwichtigste, dass wir nicht irgendwas kaputt machen oder kaputt machen lassen", sagte Labbadia auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Werder Bremen (Sonntag, 18 Uhr, Liveticker auf SZ.de). Seine Mannschaft steht in der Bundesliga klar auf Europapokalkurs, das hatten dem VfL vor der Saison nur wenige zugetraut. Ist auch Labbadia aufgefallen: "Das ist bis jetzt eine Erfolgsstory, die wir hingelegt haben. Nur das zählt."

Zuvor schien sein Chef Schmadtke geradezu bemüht, bloß nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, es gehe in sportlich erfolgreichen Zeiten herzlich und harmonisch in Wolfsburg zu. Sonst hätte er der Bild-Zeitung kaum freimütig Auskunft über seine offiziell angespannte Verbindung zu Labbadia gegeben. Er habe mit dem Trainer "ein arbeitsbezogenes Verhältnis. Wir unterhalten uns sachlich", erklärte Schmadtke kühl. Er werde mit Labbadia "keine Kochrezepte austauschen oder einen gemeinsamen Urlaub planen". Das sei zwar nicht schlimm aus seiner Sicht, dennoch: "Manchmal stimmt die Chemie einfach nicht." Mehr habe sich "einfach nicht entwickelt".

Zehn Punkte aus vier Spielen holte der VfL zuletzt

Spricht man so öffentlich über einen Coach, der den Klub nach zwei Jahren im Abstiegskampf gerade wieder in Richtung europäisches Geschäft führt? Wohl nur, wenn die Zeichen auf Trennung stehen. Labbadias Abschied zum Saisonende deutet sich immer mehr an, er selbst ließ seine Zukunft ausdrücklich offen. Nein, es habe noch keine Gespräche über eine Vertragsverlängerung gegeben, bestätigte Labbadia, dessen Kontrakt Ende Juni ausläuft. "Ob ich in Wolfsburg bleibe oder woanders hingehe, das wird sich zeigen", äußerte er via Sport1. Gespräche soll es frühestens in der Länderspielpause Mitte März geben. Labbadia wurde zuletzt mit Schalke 04 in Verbindung gebracht, wo Jochen Schneider, den er aus Stuttgarter Tagen kennt, gerade das Amt des Sportchefs übernommen hat.

In Wolfsburg trennt Labbadia und seinen Vorgesetzten doch einiges. Als Schmadtke im Sommer 2018 als neuer, starker Mann in Wolfsburg antrat, hielt er zunächst am Trainer fest - auch weil er wohl nicht mit einer Tabula Rasa ins neue Amt starten wollte. Labbadia hatte gerade die Relegation gegen Holstein Kiel gemeistert, mit der Mannschaft in der Rückrunde allerdings gruseligen Fußball gezeigt. "Wir steigen ab und kommen nie wieder, wir haben Bruno Labbadia", sangen manche Fans schmählich, ehe sich der Klub in der Relegation gegen einen unterlegenen Zweitligisten doch noch in der Liga hielt.

Hätte sich Schmadtke zum Amtsantritt einen neuen Coach mitgebracht, hätte das wohl niemanden überrascht - nun die sich abzeichnende Trennung ein Dreivierteljahr später. Kurioserweise zu einem Zeitpunkt, als Labbadia gerade beginnt, sich einen Kredit zu erspielen. Einer guten Hinrunde ließ die Mannschaft eine bislang noch stärkere Rückrunde folgen: Wolfsburg ist aktuell Siebter, zehn Punkte aus vier Spielen holte der VfL zuletzt. Gelingt auch am Sonntag gegen schwer ausrechenbare Bremer ein Sieg, könnte der Klub allmählich die Champions-League-Plätze ins Visier nehmen. Es mache ihm "einfach Spaß, mit dieser Mannschaft zusammenzuarbeiten", sagte Labbadia zuletzt nach dem starken 3:0 in Gladbach.

Oliver Glasner aus Linz gilt als möglicher Nachfolger

Doch das Verhältnis zu Schmadtke erwärmte sich nie. Gemeinsame öffentliche Auftritte sind selten, beide kommunizieren hauptsächlich über Sportdirektor Marcel Schäfer miteinander. Als Labbadia im Winter ein Konzept für die Verstärkung der Mannschaft vorlegte, dauerte es dem Vernehmen nach lange, ehe er von Schmadtke eine Antwort erhielt - eine Ablehnung übrigens, da der Geschäftsführer im Gegensatz zum Trainer befand, der aktuelle Kader sei teuer genug. Auf seine Zukunft angesprochen, sagte Labbadia in einem Podcast, er "empfinde ein gutes Arbeiten hier. Aber es spielen noch ein paar andere Sachen eine Rolle". Das war dann wieder als Seitenhieb des Trainers in Richtung des Geschäftsführers zu verstehen.

Er sei natürlich "ersetzbar", sagte Labbadia am Freitag, wolle sich "bis zum letzten Tag" sauber verhalten. "Es war jetzt eine wichtige Station in Wolfsburg", sagte Labbadia, schon in der Vergangenheitsform. Während der Trainer bei Schalke ins Gespräch gebracht wird, sieht sich der VfL laut Kicker bereits in Österreich um. Oliver Glasner vom Linzer ASK wird als möglicher neuer Coach ab Sommer genannt. Auch Marco Rose, der erfolgreiche Trainer von Red Bull Salzburg, soll ein Kandidat sein. Um ihn buhlen allerdings mehrere Vereine aus halb Europa.

© SZ vom 03.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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