Cloud-Dienste:Es ist blauäugig, Amazon sensible Daten anzuvertrauen

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Eine sogenannte Bodycam, also eine Körperkamera an der Brust eines Polizisten, filmt den Vorfall beim Indersdorfer Faschingsumzug. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Die Bundespolizei speichert Aufnahmen von Bodycams auf Servern des US-Unternehmens. Die Begründung dafür: Es sei halt günstiger. Das ist schwach.

Kommentar von Ronen Steinke

Es ist Videoüberwachung aus nächster Nähe: Wer künftig an einem Bahnhof, einem Flughafen oder bei einer Demonstration auf Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei stößt, der wird von einer kleinen Kamera aufgenommen, einer sogenannten Bodycam, die am Revers der Uniform haftet. Dabei entsteht ein riesiger Berg an sensiblen Daten. Diese Daten werden, wie man nun erfährt, in eine Cloud hochgeladen. Und diese Cloud gehört - dem amerikanischen Datengiganten Amazon.

Amazon hat zwar allerlei Versprechen abgegeben, nicht neugierig in dieser riesigen Bodycam-Cloud zu stöbern. Man werde alles verschlüsseln, den deutschen Datenschutz achten - wenngleich Amazon sich derzeit intensiv für Gesichtserkennung interessiert. Das Unternehmen hat sogar eine Datenschutz-Bescheinigung vorgelegt, ausgestellt vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Aber solche Bescheinigungen folgen oft einer bloßen Checkliste auf Papier. Die Kontrolleure besuchen keine Serverräume. Sie gucken nicht lückenlos nach. Sie können es auch gar nicht.

Bei Facebook und Huawei ist der Staat vorsichtiger

So blauäugig wie hier ist der deutsche Staat eigentlich schon lange nicht mehr. Er nutzt keine Huawei-Kommunikationstechnik, weil das chinesische Regime dahintersteckt und man dessen Datenschutz-Schwüren nicht traut. Die Polizei in Deutschland lässt auch bewusst die Finger von dem kommerziellen Messengerdienst Whatsapp, weil der Facebook-Konzern dahintersteckt und man heikle Daten nicht in dessen Hände legen will. Sich dann abhängig zu machen ausgerechnet von Amazon - das ist beinahe ein Handeln wider besseres Wissen.

Hübsch ehrlich übrigens ist die Begründung. Das sei halt günstiger. So lässt sich die Erklärung aus dem Bundesinnenministerium zusammenfassen, die der FDP-Abgeordnete Benjamin Strasser auf Nachfrage erhalten hat. Das Ministerium hat sich nach eigenen Angaben umgesehen: Wo in Deutschland kann man solche großen Datenmengen unterbringen? Es habe nirgends eine Firma gefunden, die eine Alternative zu dem US-Unternehmen anbiete. Anstatt dann selbst in eine sichere digitale Infrastruktur zu investieren, wie es hierzulande dringend nötig wäre, hat das Ministerium bei Amazon zugeschlagen.

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