Gerard Piqué im Clásico:"Am Ende gehören Fußball und Politik zusammen"

Gerard Piqué im Clásico: Gerard Piqué findet, dass Sport und Politik sehr wohl miteinander verbunden sind.

Gerard Piqué findet, dass Sport und Politik sehr wohl miteinander verbunden sind.

(Foto: AFP)
  • Gerard Piqué vom FC Barcelona äußert sich nach dem 1:0 Barças gegen Real Madrid zur politischen Lage in Katalonien.
  • Er kritisiert den Umgang seitens der Regierung mit katalanischen Separatisten.
  • Gleichzeitig zeigt sich, dass Barcelona sportlich derzeit klar besser ist als der Erzrivale.

Von Javier Cáceres, Madrid

Als der 1:0-Sieg bei Real Madrid besiegelt und damit der Beginn einer neuen Ära ausgerufen war, band Barças Gerard Piqué dem Triumph ein Schleifchen um. Die neue Ära ließ sich auch in Zahlen ausdrücken: 96 Siege hat der FC Barcelona in 242 "Clásicos" nun erzielt, Real steht bei 95 - es ist das erste Mal seit den fernen Tagen des Jahres 1931, dass Barça in der Rechnung der Duelle mit dem Erzrivalen mehr Triumphe als Madrid aufweist. Und das Schleifchen? Das war gelb.

Gelb wie die Schleifen, die von vielen Katalanen am Revers getragen werden, von Unterstützern der Minister der katalanischen Regionalregierung und Aktivisten der Unabhängigkeitsbewegung, die am 1. Oktober 2017 ein illegales Referendum über die Abspaltung Kataloniens abgehalten hatten. Sie stehen seit einer Woche in Madrid vor Gericht, wegen Vorwürfen wie Aufruhr, Rebellion und Veruntreuung öffentlicher Gelder. "Jeder Sieg gegen Real Madrid ist symbolisch", sagte Piqué nun, nachdem der FC Barcelona den Erzrivalen in der Tabelle der Meisterschaft auf zwölf Punkte distanziert hatte. Und es bestand kein Zweifel daran, dass er das geflügelte Wort des Schriftstellers Manuel Vázquez Montalbán vor Augen hatte, das besagt, dass Barça das "unbewaffnete Heer Kataloniens" ist.

Schon nach dem ersten Clásico-Sieg der Woche, dem 3:0 im Pokal vom Mittwoch, hatte sich Piqué auf das verminte Terrain des Regionalkonflikts begeben. Wenn die spanischen Medien dem "ungerechten Prozess gegen die politischen Gefangenen" die gleiche Aufmerksamkeit widmen würden wie Entscheidungen von Videoschiedsrichtern, würde es dem Land besser gehen, sagte Piqué. Und wurde danach von den Madrider Medien in der Luft zerrissen.

Ein berühmter Radiomoderator nannte ihn despektierlich Gerardo statt Gerard, wie Piqué über die Verspanischung seines katalanischen Vornamens klagte. Außerdem sei er als "Kretin" beleidigt worden. Gleichwohl erneuerte Piqué seine Kritik: "Wenn ich den Prozess sehe", der live übertragen wird, "und mir vor Augen führe, was am 1. Oktober passierte", als Hunderte Katalanen von Polizisten verletzt wurden, halte er eine Strafe von bis zu 20 Jahren Gefängnis für unangebracht.

Toni Kroos geht mit unter

"Sie haben niemanden angegriffen, es war alles sehr friedlich", argumentierte Piqué, der nach der WM 2018 aus Spaniens Nationalelf zurückgetreten war. "Am Ende gehören Fußball und Politik zusammen. Wir sind Personen des öffentlichen Lebens, die eigene Meinungen haben können", sagte Piqué, nachdem er zusammen mit Innenverteidiger-Kollege Lenglet dazu beigetragen hatte, Real binnen 72 Stunden um zwei Titeloptionen, um Königspokal und Meisterschaft, zu berauben. Die Feier der Fans im Bernabéu-Stadion hielt er auf dem Handy filmisch fest.

Den einzigen Treffer erzielte der frühere Schalker Ivan Rakitic (26.), mit einem Lupfer voller Anmut, dem ein subtiler Doppelpass mit Sergio Roberto an der rechten Außenbahn vorangegangen war. Auch ein weiterer Ex-Bundesligaprofi - der ehemalige Gladbacher Marc-André ter Stegen - hatte Grund zu Freude. Zum einen kassierte er kein Gegentor, zum anderen schrieb der deutsche Bundestrainer Joachim Löw am Rande der Partie die Stelle des Nationaltorwarts quasi neu aus ("Marc wird bei der EM-Quali seine Chancen bekommen"). Letztlich war der Clásico am Samstag um Längen besser als das Duell vom Mittwoch, was weniger an Real und dem blassen und früh ausgewechselten Toni Kroos lag. Sondern vor allem daran, dass Barças Kapitän Messi aus der Lethargie erwachte und brillierte - bis er eine unangenehme Begegnung mit Sergio Ramos hatte.

Kurz vor der Halbzeit stritten beide um den Ball, Reals Kapitän eroberte ihn, fuhr aber den Arm aus und schlug Messi dabei die Lippe blutig. Messi wälzte sich vor Schmerz am Boden und bot Ramos im Wortsinn die Stirn, als er wieder stand. Erst wünschte er den Real-Rüpel in drastischen Worten zurück in den Schoß seiner Mutter, dann unterstellte er ihm in gleichfalls unflätigen Ausdrücken, den Arm aus reiner Schikane ausgefahren zu haben. Piqué stellte Ramos noch auf dem Platz zur Rede, der Angeklagte beteuerte dort wie später vor den TV-Kameras, dass sein Schlag unbeabsichtigt gewesen sei. Piqué interpretierte die Aktion gleichwohl als "Tätlichkeit", die einer roten Karte würdig gewesen wäre. Ramos wurde erst später wegen eines Fouls an Messi mit einer Verwarnung bedacht (60.) - und fällt damit nächstes Wochenende in Valladolid aus.

Schwerer für Real wiegt, dass der Abwehrchef auch am Dienstag pausieren muss, ebenfalls wegen einer Gelbsperre. Dann gastiert das niederländische Alter Ego des FC Barcelona, Ajax Amsterdam, im Bernabéu. Im Achtelfinale der Champions League muss Real Madrid den 2:1-Sieg aus dem Hinspiel verteidigen. Andernfalls ist auch die letzte Möglichkeit perdu, in dieser Saison Silberware abzuschleppen und den Champions-League-Titel zu verteidigen. Ajax pausierte am Wochenende, Madrid hingegen pfeift aus dem letzten Loch.

"Die akkumulierten Minuten und die Anstrengungen lasten auf unseren Beinen", klagte Reals Verteidiger Daniel Carvajal, "dies war vielleicht die härteste Woche, die ich je bei Real Madrid erlebt habe." Und der Stress wird nicht kleiner werden.

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