Versöhnungskirche:Zwischen Spätzle und Hummus

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Mit Ernst Grube und anderen Zeitzeugen will Kirchenrat Björn Mensing ein Zeichen gegen Nationalismus und Rassismus setzen. (Foto: Toni Heigl)

Leseperformance "Meschugge sind wir beide" über ein deutsch-israelisches Liebespaar

Im Mittelpunkt der Veranstaltungen der Evangelischen Versöhnungskirche in den kommenden Monaten stehen wieder einige Zeitzeugen: Riccardo Goruppi, Abba Naor, Ernst Grube und Agnes Hirschi. Kirchenrat Björn Mensing, Pfarrer der Versöhnungskirche an der KZ-Gedenkstätte Dachau, will, wie er mitteilt, mit ihnen ein Zeichen gegen Nationalismus und Rassismus sowie für Zivilcourage setzen.

Riccardo Goruppi wurde im Januar 1927 in Borgo di Prosecco bei Triest geboren. Als deutsche Truppen Italien im September 1943 besetzen, schließt er sich den Partisanen an. Zusammen mit seinem Vater Eduardo wird Riccardo im Triester Gefängnis und im Dezember im KZ Dachau inhaftiert, später in Leonberg, einem Außenlager des KZ Natzweiler. Schließlich wird er in das Dachauer Außenlager Mühldorf verschleppt. Er übersteht die KZ-Haft, lebt heute in der Nähe von Triest und engagiert sich in der KZ-Gedenkstätte Risiera di San Sabba. Riccardo Goruppi kommt am 22. März um 17.30 Uhr in die Versöhnungskirche. Die Holocaust-Überlebende Agnes Hirschi aus der Schweiz spricht am 16. Mai um 19.30 Uhr über ihren Stiefvater Carl Lutz (1895 - 1975), der als Schweizer Vizekonsul in Budapest etwa 62 000 Juden die Ausstellung von Schutzbriefen vor der Deportation bewahrt hat. Carl Lutz gehört zu den ersten vom Staat Israel als "Gerechte unter den Völkern" Gewürdigten.

"Georg Scherer - ein Dachauer Leben" heißt eine Ausstellungs im ASV, Gröbenrieder Straße 21, die am 28. März um 19 Uhr eröffnet wird. Arbeiter, Sportler, Widerstandskämpfer, Häftling im KZ Dachau, Bürgermeister, KPD-Stadtrat und Unternehmer: Georg Scherers Leben (1906- 1985) war geprägt von Armut und Unterdrückung, aber auch von Gerechtigkeitsgefühl und Unternehmergeist. Die Ausstellung wurde vom ASV Dachau, der Geschichtswerkstatt und dem Gedächtnisbuch-Projekt organisiert.

Am 11. Juni, 19.30 Uhr, hält der Enkel von Carl Friedrich Goerdeler, Berthold Goerdeler, einen Vortrag über den bürgerlichen Widerstand gegen die Nazis. Der deutschnationale Protestant Carl Friedrich Goerdeler, Leipziger Oberbürgermeister, legte 1937 sein Amt nieder. Er fühlte sich zum Widerstand verpflichtet und war treibende Kraft eines Widerstandsnetzwerks. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Katholischen Seelsorge an der KZ-Gedenkstätte organisiert.

Die Leseperformance "Meschugge sind wir beide" mit dem deutsch-israelischen Künstlerpaar Claudia Schwartz (Enkeltochter eines Wehrmachtssoldaten) und Shaul Bustan (Enkelsohn eines Holocaust-Überlebenden) findet am 18. Juli um 19.30 Uhr statt. Die deutsche Schauspielerin und der israelische Komponist verlieben sich. Doch ist ihre Liebe zu verrückt? Zu meschugge? Irgendwo zwischen Christen- und Judentum, Klein- und Großfamilie, Spätzle und Hummus, schwäbischer Korrektheit und israelischer Chuzpe findet das Paar nicht nur seine Vergangenheit, sondern auch seine Zukunft. Eine ermutigende Geschichte über interkulturelle Verständigung, Diversity und Rassismusprävention, wie Pfarrer Mensing über die Performance in Kooperation mit Ludwig Schmidinger, Katholischer Seelsorger an der KZ-Gedenkstätte, erklärt.

© SZ vom 05.03.2019 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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