Gender Pay Gap:Wo Frausein bestraft wird

Frauenquote Gleichberechtigung

Der Frauenanteil in Führungspositionen steigt nur sehr langsam.

(Foto: Oliver Berg/dpa)
  • Wo sich lange Arbeitszeiten besonders lohnen, sind die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen besonders hoch.
  • Das ist vor allem in Bereichen wie dem Vertrieb oder der Unternehmensorganisation der Fall.
  • Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung.

Von Henrike Roßbach, Berlin

An diesem Freitag bleiben in Berlin die Schulen geschlossen, die Läden, die Bürgerämter, die Supermärkte, die meisten Berliner haben frei - denn es ist Frauentag, und der ist seit diesem Jahr gesetzlicher Feiertag in der zuvor eher feiertagsarmen Hauptstadt. Viel sei erreicht worden für die Gleichstellung von Frauen und Männern, es bleibe aber weiterhin noch viel zu tun, stellte die in Berlin mit Grünen und Linken regierende SPD Ende Januar fest, nachdem das Abgeordnetenhaus den neuen Feiertag beschlossen hatte.

Was noch zu tun ist in Sachen Gleichberechtigung, wird beim Blick auf die Gehaltszettel von Männern und Frauen besonders deutlich. Nach wie vor verdienen Frauen durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. So groß ist die sogenannte unbereinigte Lohnlücke, bei der unterschiedliche Qualifikationen, Berufe, Hierarchiestufen oder der Arbeitsumfang unberücksichtigt bleiben. Bereinigt um diese Punkte bleibt immer noch eine Lücke von etwa sechs Prozent. Forscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben sich die Lohnlücke nun noch einmal genauer angesehen. Im Zentrum einer Studie, die an diesem Mittwoch vorgestellt wird und der SZ vorab vorlag, stehen die Fragen: Wie unterscheiden sich die Lohnlücken je nach Beruf? Und was macht sie größer und was kleiner?

Die Forscher rechnen vor, dass die Lücke dort sehr groß ist, wo sich lange Arbeitszeiten finanziell besonders lohnen - wo also das Gehalt überproportional mit der Arbeitszeit steigt. Im Vertrieb etwa oder in der Unternehmensorganisation, schreibt die Autorin der Studie, Aline Zucco, werde Teilzeitarbeit "in gewisser Weise bestraft". Stattdessen würden Prämien gezahlt für eine hohe Präsenz am Arbeitsplatz und möglichst viele Überstunden.

Die Bedeutung dieses Faktors lässt sich am rechnerischen Stundenlohn auf Basis der jeweiligen Wochenarbeitszeit ablesen. Wer also beispielsweise in der Unternehmensorganisation oder Unternehmensstrategie arbeitet, das aber nur bis zu elf Stunden in der Woche, dessen Stundenlohn liegt bei einem Drittel des Stundenlohns eines Vollzeitmitarbeiters. In der Pflege dagegen steigen die Verdienste nicht überproportional mit der Arbeitszeit, ebenso im öffentlichen Dienst, wo für fast alle Beschäftigten ein Tarifvertrag gilt. Grundsätzlich gilt: Wo Teilzeitarbeit mit rechnerisch niedrigeren Stundenlöhnen einhergeht, fällt die Lücke umso höher aus - denn in Teilzeit arbeiten nun mal nach wie vor deutlich mehr Frauen als Männer. Wo aber beispielsweise Tarifverträge gleiche Stundenlöhne unabhängig von der Arbeitszeit vorschreiben, verringert sich der Lohnabstand.

Das Gehalt von Arzthelfern liegt um zehn Prozent höher als das ihrer weiblichen Pendants

Der Anteil von Frauen und Männern im jeweiligen Berufsfeld spielt ebenfalls eine Rolle. Tendenziell ist der bereinigte Verdienstunterschied, der unterschiedliche Ausbildungen und Berufserfahrungen berücksichtigt, in frauendominierten Berufen am geringsten. Am höchsten ist er in Berufen mit ausgeglichenem Frauen- und Männeranteil. Besonders groß fällt die bereinigte Lücke mit 27 Prozent im Verkauf aus. Auch Ausreißer gibt es: Arzthelfer verdienen bereinigt zehn Prozent mehr als ihre Kolleginnen, obwohl in diesem Beruf nur zwei Prozent Männer arbeiten. Im Polizeidienst dagegen, mit einem Frauenanteil von unter zehn Prozent, verdienen Frauen fast zehn Prozent mehr als Männer.

Einfluss auf die Höhe der Lohnlücke hat auch der Anteil von Beschäftigten in leitenden Stellungen im jeweiligen Beruf. Gibt es viele Führungskräfte, fällt die Lohnlücke höher aus. Dieser Befund sei auch der "gläsernen Decke" zuzuschreiben, heißt es in der Studie: "Also der Tatsache, dass Frauen unterdurchschnittlich häufig Führungspositionen besetzen."

Auch die Tatsache, ob ein Unternehmen in öffentlicher oder privater Hand ist, hat Auswirkungen. Der Grund ist allerdings wenig schmeichelhaft für die Frauen: In öffentlichen Unternehmen gelten, wie auch im öffentlichen Dienst,häufiger Tarifverträge als in Privatunternehmen. Tarifverträge aber sorgen nicht nur für gleiche Stundenlöhne bei Teilzeit- und Vollzeitarbeit - sie gleichen noch etwas aus: "Da Frauen im Vergleich zu Männern erwiesenermaßen weitaus schlechter verhandeln, sind Tarifverträge ein sinnvolles Mittel, um Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen zu verringern", heißt es in der DIW-Studie.

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