Iran:Haft und Peitschenhiebe

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Nasrin Sotudeh, 55, hat 2012 den Sacharow-Preis des Europaparlaments erhalten. Sie saß bereits von 2010 2013 im Gefängnis, auch weil sie Mandanten in politisch heiklen Fällen vertrat (Foto: Arash Ashourinia/AP)

Ein Revolutionsgericht in Teheran hat Berichten zufolge die prominente Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh in einem Verfahren mit sieben Anklagepunkten verurteilt.

Von Paul-Anton Krüger, München

Die bekannte iranische Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotudeh, 55, ist Berichten zufolge von einem Revolutionsgericht in Teheran in einem Verfahren mit sieben Anklagepunkten verurteilt worden. Ihr drohen damit eine Haftstrafe von bis zu 34 Jahren und bis zu 148 Peitschenhiebe. Das in New York ansässige Center for Human Rights in Iran (CHRI) beruft sich bei seinen Angaben auf Sotudehs Mann Reza Khandan. Demnach wurde sie in mehreren Anklagepunkten schuldig gesprochen, hat aber weder den Urteilsspruch noch das Strafmaß bislang schriftlich mitgeteilt bekommen. Die Anklagepunkte stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit ihrer Arbeit als Anwältin. Sotudeh hat unter anderem Frauen verteidigt, die gegen den gesetzlichen Kopftuchzwang in Iran protestiert und verstoßen hatten.

Sotudeh war im Juni 2018 verhaftet und in das berüchtigte Evin-Gefängnis im Norden Teherans gebracht worden. Das Regime hält dort viele politische Gefangene fest; Isolationshaft und Folter sind dokumentiert. Im Gefängnis wurde ihr unterbreitet, dass ein Revolutionsgericht sie im September 2016 in Abwesenheit zu fünf Jahren Haft verurteilt habe, allerdings in einem anderen Fall. Sotudeh hatte sich geweigert, vor Gericht zu erscheinen, weil ihr nicht gestattet wurde, sich von einem Anwalt ihrer Wahl verteidigen zu lassen. Einer Entscheidung der Justiz zufolge sind in Iran nur noch wenige, vom Staat ausgesuchte Anwälte zugelassen, die Verteidigung in politischen Strafverfahren zu übernehmen.

Einen weiteren Schuldspruch erließ das Gericht nun, nachdem es am 30. Dezember erneut eine Verhandlung gegen Sotudeh geführt hatte, an der weder sie noch ihr Anwalt teilnehmen durften. Als sie jüngst verlangte, dass ein unabhängiger Anwalt ihren Fall übernehmen solle, wurde der Antrag abgelehnt und ihr mitgeteilt, dass ein Urteil getroffen und der Fall damit abgeschlossen sei.

Zu den Anklagepunkten in dem Verfahren gehörten politische Tatbestände wie "Propaganda gegen das Regime" oder "Verschwörung gegen die nationale Sicherheit". Zudem warfen ihr die Ankläger der von Hardlinern dominierten Justiz "Förderung von Korruption und Prostitution" vor, "Missachtung der Justiz" durch einen Auftritt ohne den verpflichtenden Hijab und die "Verbreitung falscher Nachrichten mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zu stören" - Delikte, die sich offenbar auf ihre Verteidigung anderer Frauen beziehen, die gegen den Kopftuchzwang protestiert hatten. Zudem wird ihr die Zugehörigkeit zu verbotenen Gruppen angelastet.

Für jeden einzelnen dieser Anklagepunkte drohen langjährige Haftstrafen. Sotudeh, die 2012 für ihre Arbeit den Sacharow-Preis des Europaparlaments erhielt, hatte schon von 2010 bis 2013 eine Haftstrafe in Evin abgesessen, die letztlich auch darauf zurückging, dass sie Mandanten in politisch heiklen Fälle vertrat.

Ihr Mann Reza Khandan wurde im Januar zu sechs Jahre Haft verurteilt, unter anderem, weil er Nachrichten über den Stand des unter Geheimhaltung abgehaltenen Verfahrens gegen seine Frau in sozialen Netzwerken öffentlich gemacht hatte. Das Paar hat zwei minderjährige Kinder. Unklar ist, was mit ihnen geschieht, wenn auch Khandan seine Haft antreten muss. Offizielle Medien in Iran berichteten nicht über den Fall, eine Stellungnahme der Regierung oder der Justiz dazu lag nicht vor.

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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