Staatskrise in Venezuela:Europa verhält sich ungeschickt

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Mitte Februar prangerte der deutsche Botschafter Kriener das Unrecht in Venezuela öffentlich an - neben ihm stand Maduros Herausforderer Juan Guaidó (links). (Foto: REUTERS)

Die EU fährt einen harschen Kurs gegen Maduro und untergräbt so ihre eigene Vermittlungsinitiative. Anlässlich der Ausweisung des deutschen Botschafters sollte sie umsteuern. Das wäre im Sinne der leidenden Venezolaner.

Kommentar von Benedikt Peters

Nicolás Maduro ist ein schändlicher Herrscher, er hat die Demokratie untergraben und viele Venezolaner in existenzielles Leid gestürzt. Millionen Menschen leiden Hunger, Kinder suchen im Müll nach Essen, es fehlen Medikamente. Mehr als 200 Demonstranten sind seit 2017 bei den Protesten gegen den Machthaber ums Leben gekommen, mehr als drei Millionen Menschen sind aus dem Land geflohen.

Insofern kann man niemanden verurteilen, der dieser Diktatur ein schnelles Ende wünscht. So handhaben es die Europäische Union und die Bundesregierung. Streitbar aber ist, wie sich dieses Ende am besten herbeiführen lässt. Die Ausweisung des deutschen Botschafters aus Venezuela legt nahe, dass sich Europa dabei bislang nicht besonders geschickt anstellt.

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Das teilt der venezolanische Außenminister per Twitter mit. Daniel Kriener habe sich mit den Gegnern von Präsident Maduro verbündet. Die Bundesregierung spricht von einer "unverständlichen Entscheidung".

Von Benedikt Peters

Brüssel und Berlin haben sich - nach einigem Zögern - für die Konfrontation entschieden, sie unterstützen Maduros Herausforderer Juan Guaidó. Getreu diesem Kurs handelte auch der nun ausgewiesene Botschafter Daniel Kriener; er trat mehrfach mit Guaidó auf und traf ihn auch an diesem Donnerstag in der Nationalversammlung in Caracas, prangerte von Maduro verübtes Unrecht offen an.

Europa hofft auf einen Sturz Maduros, doch das ist gefährlich

Das ist einerseits konsequent, andererseits untergräbt es die Vermittlungsmission der EU, welche die Außenbeauftragte Federica Mogherini ins Leben gerufen hat. Sie hat sich das - vorsichtig gesprochen - ambitionierte Ziel gesteckt, die venezolanische Krise binnen 90 Tagen friedlich zu lösen.

Angesichts der harschen Rhetorik scheint die EU aber eigentlich darauf zu setzen, dass die Armee Maduro doch noch stürzt. Ausgeschlossen ist das nicht, viele einfache Soldaten leiden unter den Versorgungsengpässen ebenso wie andere Teile der Bevölkerung. Es heißt, dass einige Hundert Soldaten inzwischen zu Guaidó übergelaufen sind. Andererseits aber hat Maduro die Armeeführung mit zahlreichen Privilegien versorgt. Die nach Schätzungen etwa 1500 Generäle halten nach wie vor zu ihm.

Wenn das so bleibt, kann wohl nur ein Kompromiss mit dem Machthaber von Caracas das Leiden der Venezolaner bald beenden. Dieser müsste in einer Amnestieregelung für die Chavisten und baldigen Neuwahlen bestehen. Dafür sollte Europa kämpfen, statt alles auf eine Karte zu setzen.

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