Mitten in Puch:Ein Zeichen von oben

Edigna-Linde

14 Edignas posieren vor der Linde. In Puch ist der Name nicht selten – besonders als Zweitname.

(Foto: Günther Reger)

An einer Linde in Puch treffen sich 14 Menschen. Sie haben alle denselben Vornamen

Kolumne von Julia Bergmann

Dem Sturm und Regen zum Trotz lächeln 14 Mädchen und Frauen in die Kamera des Fotografen, vom Kleinkind bis zur älteren Dame. Aus ganz Bayern, ja sogar aus Nordrhein-Westfalen und Tirol sind einige von ihnen angereist. Was sie verbindet, ist schwer zu erraten. Wobei der gigantische Baum im Hintergrund ein guter Hinweis ist. Was die Frauen gemein haben, ist ihr Name. 14 Edignas haben sich vor der Linde versammelt, die als frühere Wohnstätte ihrer Namenspatronin, der seligen Edigna, gilt. Die Königstochter soll im elften Jahrhundert auf einem Ochsenkarren von Frankreich aus nach Puch geflohen sein, um einer geplanten Heirat zu entgehen. Sie fand Zuflucht in der hohlen Linde, half Mensch und Tier mit ihrem medizinischem Wissen und lehrte die Dorfbewohner lesen und schreiben. Schon bald wurde sie als Wundertäterin verehrt.

Für die 14 Edignas ist ihre Namenspatronin aber mehr als eine sagenumwobene Selige. Edigna Kellermann, die Vorsitzende des Pucher Edigna-Vereins, sagt es so: "Ich sehe Edigna als sehr mutige Frau, die ihr Leben Gott und den Menschen geweiht hat." Ein Vorbild also. Sie hatte den Mut, aus der ihr als Königstochter vorgegebenen Rolle auszubrechen und auf sämtliche Annehmlichkeiten eines privilegierten Lebens zu verzichten, um ihren eigenen Weg zu gehen. Selbstbewusst ist eines der Adjektive, die die selige Edigna mit Sicherheit beschreibt. Und weil Namen, wie man so schön sagt, Leute machen, trifft das vielleicht auch auf die 14 Edignas zu, die sich auf Einladung des Puchher Vereins an der geschichtsträchtigen Linde versammelt haben.

Mit Sicherheit trifft es auf eine der jüngsten zu, die acht Jahre alte Edigna aus Axams in Tirol. Nicht jeder sei damals begeistert gewesen von der Namenswahl, berichtet ihre Mutter, eine gebürtige Bruckerin. "Gerade auf dem Dorf", sagt sie und meint ihre neue Tiroler Heimat. Mittlerweile sieht das ganz anders aus, jeder im Ort kennt Edigna. Und sie selbst? Edigna beginnt breit zu grinsen. "Mir gefällt's", sagt sie. Edigna wurde sogar in der Pucher Kirche getauft. "Sie ist ganz stolz auf ihren seltenen Namen", sagt die Mutter. Als sie noch schwanger war, habe sie vom Fenster ihrer Eltern aus in der Ferne die Pucher Kirche gesehen, in jenem Moment erleuchtet von einem Sonnenstrahl - und die Wahl des außergewöhnlichen Namens war getroffen. Ihre Namensvetterin aus Mehring ist ebenfalls stolz darauf, eine Edigna zu sein, auch wenn sie wegen des Namens ständig gefragt werde, aus welchem Land sie komme. Nahe der ehemaligen Behausung der Seligen, kurz bevor die Aufführung der Edigna-Spiele an diesem Sonntag beginnt, sagt sie: "Die Tradition ist sehr schön. Hier zu sein, bewegt einen, es geht einen ins Herz." Und für einen kurzen Moment, als wäre es ein Zeichen von oben, bricht die Sonne durch die Wolkendecke. Ein schöner Zufall.

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