CDU:Merkel und AKK - eine Schicksalsgemeinschaft

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Die CDU-Chefin Kram-Karrenbauer (l.) ist in einer politischen Schicksalsgemeinschaft mit Kanzlerin Merkel - und weiß das auch. (Foto: dpa)

Erst antwortet CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer auf Macrons Europa-Brief - statt der Kanzlerin. Dann fordert die Werte-Union Merkels Rücktritt. Muss Merkel jetzt auch um das Kanzleramt bangen?

Kommentar von Robert Roßmann

Es sind zwei Nachrichten, die einen aufhorchen lassen: Die konservative Werte-Union fordert Angela Merkel öffentlich dazu auf, das Kanzleramt an Annegret Kramp-Karrenbauer zu übergeben. Und auf die europapolitischen Vorschläge des französischen Präsidenten antwortet die neue CDU-Chefin statt der eigentlich zuständigen Kanzlerin. Was ist da los in der Union? Gibt es erste Risse im Verhältnis zwischen Kramp-Karrenbauer und Merkel? Und muss Merkel jetzt auch um das Kanzleramt bangen?

Nun, so einfach ist es nicht. Die Werte-Union ist in der CDU zwar nicht ganz so irrelevant, wie sie von der Parteispitze gerne dargestellt wird. Die Konservativen drücken das Unbehagen vieler in der CDU über die Kurswechsel in der Ära Merkel aus. Aber ein Machtfaktor ist die Werte-Union trotzdem nicht. Der Verein ist keine Untergliederung der Partei, und seine Mitglieder sind in der CDU immer noch Randfiguren.

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Die CDU-Parteichefin stellt sich gegen den Vorstoß des französischen Präsidenten für einen EU-weiten Mindestlohn. Stattdessen macht sie einen anderen Vorschlag.

Sogar in Nordrhein-Westfalen, dem mit Abstand größten Landesverband, werden lediglich ein Bundes- und ein Landtagsabgeordneter der Werte-Union zugerechnet. Vor diesen Konservativen muss die Kanzlerin keine Angst haben. Das gilt erst recht angesichts der Umfragewerte, auf die Merkel immer noch verweisen kann: Laut einer aktuellen Erhebung lehnen zwei Drittel der Deutschen einen vorzeitigen Rücktritt der Kanzlerin ab.

All die Ausflüchte von Kanzleramt und CDU-Spitze helfen nicht

Aber was ist mit Kramp-Karrenbauer? Dass sie und nicht Merkel auf Macrons Vorstoß reagiert hat, ist tatsächlich ungewöhnlich. Da helfen auch all die Ausflüchte von Kanzleramt und CDU-Spitze nicht, der französische Präsident habe sich doch vor allem als Wahlkämpfer geäußert, deswegen sei es an der CDU-Chefin und nicht an der Kanzlerin gewesen, zu reagieren. Kramp-Karrenbauer habe "Klartext" gesprochen und "Antworten" gegeben, hat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gesagt und damit den größten Unterschied zwischen Merkel und Kramp-Karrenbauer angesprochen.

Die Kanzlerin vermeidet es in der Regel, sich öffentlich im Detail festzulegen. Sie will sich weder in der EU noch in der großen Koalition Optionen verbauen - und Kompromisse nicht ohne Not erschweren. Der Preis dafür ist ihre Konturlosigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung. Kramp-Karrenbauer hält es anders, sie kann es aber auch anders halten: Sie ist CDU-Chefin und nicht Kanzlerin. Ihre Aufgabe ist es, den Positionen der CDU zur Geltung zu verhelfen, und nicht, Kompromisse in Brüssel und Berlin zu erzielen. Und sie muss sich, anders als Merkel, noch profilieren.

Allzu große Sorgen braucht sich die Kanzlerin deshalb aber nicht machen. In der Europa- und Außenpolitik unterscheiden sich die Positionen, die Kramp-Karrenbauer jetzt ausgesprochen hat, kaum von denen, die Merkel hat, aber nicht ausspricht. Das gilt auch für den größten Teil der Innenpolitik. In der Flüchtlingspolitik hat sich Kramp-Karrenbauer zwar deutlich von Merkel abgesetzt. Trotzdem gilt: Die CDU-Chefin ist in einer politischen Schicksalsgemeinschaft mit der Kanzlerin - und weiß das auch. Kramp-Karrenbauer will Merkel zwar tatsächlich im Kanzleramt beerben, am besten vor der nächsten Wahl. Doch wegen der Vorgaben des Grundgesetzes kann sie das nur schaffen, wenn die SPD die Koalition verlässt - oder wenn Merkel freiwillig in einem für sie günstigen Moment ihren Rückzug einleitet. Und dieser günstige Moment, das weiß auch Kramp-Karrenbauer, ist noch nicht da.

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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