Patentanmeldungen in Europa:Siemens überholt Huawei

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Eine Erfindung, die Leben retten soll: ein Kernspintomograf von Siemens. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Insgesamt stiegen die europäischen Patentanmeldungen im vergangenen Jahr um 4,6 Prozent, Siemens hat die meisten Patente angemeldet.
  • In Europa werden immer mehr Patente angemeldet. In China aber fast zehnmal so viele.

Von Thomas Fromm

Es geht um viele Jobs, es geht um die Zukunft europäischer Unternehmen, und es geht um die Frage, welche Rolle Deutschland und Europa künftig in der Weltwirtschaft spielen werden. Elektromobilität, künstliche Intelligenz, das Internet der Dinge, Blockchain - in vielen Zukunftsfeldern sei die alte Welt schon abgehängt und habe längst der Digital-Großmacht USA und dem aufstrebenden China den Vortritt gelassen, fürchten Experten. Helfen soll unter anderem eine umstrittene Initiative von Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Seine "Nationale Industriestrategie 2030" soll Großkonzerne wie Siemens, Thyssenkrupp, Volkswagen, Daimler oder auch die Deutsche Bank stärken, und - falls nötig - vor dem Zugriff ausländischer Konzerne schützen. Industrie- und Standortpolitik ganz groß gedacht also.

Wie aber stehen Deutschland und Europa im weltweiten Vergleich nun wirklich da? Schaut man sich den jüngsten Jahresbericht des Europäischen Patentamts (EPA) für die Anmeldungen des vergangenen Jahres an, dann muss man wohl zu dem Schluss kommen: So schlimm sieht es gar nicht aus.

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Denn wenn es stimmt, dass Patentanmeldungen immer auch einen zuverlässigen Ausblick geben auf das, was Unternehmen in nächster Zeit an Innovationen planen und auf den Markt bringen wollen, dann haben deutsche und europäische Unternehmen in den kommenden Jahren einiges vor. Insgesamt stiegen die europäischen Patentanmeldungen im vergangenen Jahr um 4,6 Prozent. Was dabei auffällt: Der Technologiekonzern Siemens hatte erstmals seit 2011 wieder die meisten Patente von allen Unternehmen in Europa angemeldet, insgesamt 2493 im Jahr 2018. "Dass wir heute mehr Patente haben als früher, ist natürlich eine Folge davon, dass Siemens mehr in Forschung und Entwicklung investiert und wir unsere Patente stärker als früher international anmelden", sagt Beat Weibel, der Patentchef des Konzerns. Siemens hat damit Huawei überholt, das jetzt auf dem zweiten Platz liegt. Es folgen die Technologieunternehmen Samsung und LG.

Mehr als ein Viertel der Anmeldungen von Siemens beim Europäischen Patentamt waren im vergangenen Jahr Patente zu Themen wie Digitalisierung und Industrie 4.0. "Darunter sind wichtige Technologien für künstliche Intelligenz oder Blockchain-Anwendungen", sagt Weibel. Sie stammen also aus jenen Bereichen, auf die es in den kommenden Jahren verstärkt ankommen wird.

Insgesamt hatten europäische Unternehmen einen Anteil von 47 Prozent bei den Patentanmeldungen in Europa. Dahinter waren wie schon zuvor die USA. Allerdings gehen die Zuwächse bei Patentanmeldungen aus den USA und China in Europa dem Jahresbericht zufolge insgesamt zurück. Zum Beispiel China: Die Zahl der Anmeldungen für neue Technologien stieg zwar um 8,8 Prozent - es war allerdings die schwächste Entwicklung für China seit fünf Jahren. "Dafür ist hauptsächlich ein langsameres Wachstum in einigen der patentintensiven Technologiefeldern des Landes verantwortlich, wie Computertechnik, elektrische Maschinen, Geräte und Energie sowie audiovisuelle Technologie", teilte das Europäische Patentamt mit.

Nicht jedes Patent wird gleich umgesetzt, nicht jede Erfindung landet unbedingt sofort in der realen Wirtschaft. Aber mehr als die Hälfte der Anmeldungen, sagt Siemens-Patentchef Weibel, komme irgendwann in Produkten zum Einsatz. Gerade deshalb sei es wichtig, die Technologien schon früh abzusichern. "Patente werden immer wichtiger, um geistiges Eigentum zu schützen", sagt er. "Die digitale Welt ist heute vernetzter als früher, Technologie lässt sich also leichter abgreifen als noch vor einigen Jahren und Jahrzehnten."

Die "größte Herausforderung" sei: China. Es sind dies Zahlen, die zeigen, wie unterschiedlich die Geschwindigkeiten in den einzelnen Regionen am Ende doch noch sind. In Europa wurden im vergangenen Jahr an die 174 300 Patente angemeldet, in China sei die Zahl "annähernd zehn Mal höher", so Beat Weibel. Dies müsse "einen Grund haben".

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