Algerien:Der Protest wirkt

Ein Sieg der Jugend: Bouteflika kandidiert nicht mehr.

Von Paul-Anton Krüger

Wie entrückt die herrschende Clique in Algerien schon war, zeigt die Tatsache, dass sie tatsächlich überrascht wurde von den Massenprotesten gegen einen fünfte Kandidatur des greisen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika. Sie glaubte ernsthaft, das Volk, in seiner Mehrheit Menschen unter 25 Jahren, werde noch einmal den maladen Mann wählen, der kaum sprechen kann. Eine Zumutung, dass die Jugend in dem seit 1999 herrschenden "Boutef" den Mann sehen sollte, der Algerien in die Zukunft führt.

Nachdem Hunderttausende Woche für Woche friedlich demonstrierten, blieb dem Konglomerat aus Militärführung, Geheimdienstlern und Apparatschiks der regierenden Nationalen Befreiungsfront (FLN) nur die Wahl, die Proteste niederzuschlagen oder nachzugeben. Immerhin, sie haben vorerst gegen Gewalt entschieden, Bouteflika kandidiert nicht mehr.

Eine Übergangsregierung und eine Verfassungskommission sollen nun Reformen einleiten, die Wahl ist verschoben. Das eröffnet der FLN und dem nur le pouvoir genannten undurchsichtigen Machtgeflecht die Möglichkeit, ihre Interessen in eine neue Republik hinüberzuretten. Bouteflika war ohnehin nur noch ein Platzhalter dafür. Offen ist allerdings, ob die Algerier das zu akzeptieren bereit sind, nun, nachdem sie gesehen haben, dass der Protest wirkt.

© SZ vom 12.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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