Adidas:Rorsted liefert

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Kasper Rorsted hinterlässt seinem Nachfolger bei Adidas vor allem Probleme. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Seit der ehemalige Henkel-Chef 2016 den Chefposten bei Adidas antrat, trimmt er den Sportartikelhersteller auf Rendite. Die Geschäfte laufen prächtig - wären da nicht immer wieder unerwartete Probleme.

Von Uwe Ritzer, Herzogenaurach

Als Gil Steyaert, 56, Ende Februar seinen Posten als Vorstand für Beschaffung und Produktion bei Adidas von heute auf morgen und nach nicht einmal zwei Jahren räumte, war die Überraschung groß. Erst allmählich wird klar, worüber der Franzose gestolpert ist. Beim zweitgrößten Sportartikelhersteller gibt es massive Lieferengpässe. Ausgerechnet bei Textilien im mittleren Preissegment und ausgerechnet in Nordamerika, wo die Geschäfte zuletzt prächtig liefen.

Vorsichtshalber warnt Vorstandschef Kasper Rorsted deshalb vor "deutlicher Abkühlung" im US-Geschäft im ersten Halbjahr. Mehr als 200 Millionen Euro Umsatz dürften Adidas durch die Fehlplanung entgehen. War das der Grund für Steyaerts Rauswurf? "Das will ich nicht kommentieren", so Rorsted bei der Bilanzvorlage am Mittwoch. Er redete lieber darüber, dass ein Konzern wie Adidas, der 57 000 Menschen beschäftigt und mehr als 900 Millionen Produkte im Jahr verkauft, eine Dauerbaustelle sei. Auch dann, wenn es gut laufe, gebe es immer irgendwo Probleme.

Ausgerechnet im Heimatmarkt Europa schwächelt der Umsatz

Was den Zustand des Konzerns mit Sitz in Herzogenaurach insgesamt gut beschreibt. Mit dem 2018 um drei, währungsbereinigt sogar um acht Prozent auf 21,9 Milliarden Euro gewachsenen Umsatz und einem Gewinnplus von 20 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro liefen die Geschäfte so gut wie nie. Gleichzeitig trüben aber nicht nur die Lieferengpässe, sondern auch die Geschäfte auf dem europäischen Heimatmarkt die gute Bilanz.

Während der fränkische Sportartikelhersteller in Nordamerika und der Region Asien/Pazifik um jeweils 15 Prozent zulegte und das eigene, besonders profitable Online-Geschäft mit einem Plus von 36 Prozent förmlich durch die Decke ging, stagnierte 2018 der Umsatz auf dem Heimatmarkt Europa. Im letzten Quartal des Jahres sank er sogar um sechs Prozent. "Wir sind damit nicht glücklich", sagte Rorsted, der als Konsequenz bereits den verantwortlichen Manager ausgetauscht hat.

Kasper Rorsted fackelt bei Bedarf nicht lange. Der gebürtige Däne und ehemalige Chef des Chemieherstellers Henkel hat Adidas seit seinem Amtsantritt im Oktober 2016 auf Effizienz und Rendite getrimmt. Wachstum sei kein Selbstzweck, sondern müsse mit möglichst hoher Profitabilität einher gehen und zwar langfristig, formuliert der ehemalige Handball-Jugendnationalspieler bei jeder Gelegenheit. Entsprechend wuchs der Gewinn unter seiner Ägide sechs Mal so schnell wie der Umsatz, der seinerseits binnen drei Jahren um fünf Milliarden Euro kletterte.

Sogar Reebok scheint das Adidas-Management langsam in Griff zu bekommen, die 2006 für gut drei Milliarden Euro teuer gekaufte US-Tochterfirma, die sich allen Hoffnungen zum Trotz als Dauerbaustelle entpuppte. Zum ersten Mal habe Reebok 2018 ein profitables Jahr geschafft, sagte Rorsted, bei gleichzeitig drei Prozent weniger Umsatz. Was aber nicht am guten Verkauf der vorwiegend für weibliche Fitnessfreaks bestimmten Produkte lag, sondern an Einsparungen. Zahlreiche Reebok-Geschäfte wurden weltweit geschlossen.

Mit Konsequenz ging Rorsted auch das leidige Nordamerika-Problem an. Immer wieder hatte Adidas auf dem größten und demzufolge wichtigsten Sportartikelmarkt der Welt versucht, den enormen Rückstand zum Branchenführer und Platzhirschen Nike zu verkürzen. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg. Nun legt das Unternehmen dort seit einigen Jahren nicht nur kontinuierlich zu, sondern es gewann auch Marktanteile. Umgerechnet 4,6 Milliarden Euro Umsatz trägt Nordamerika zur Bilanz bei. "Wir haben unsere Profitabilität verdoppelt", sagt Rorsted. Allerdings investiert Adidas dafür auch überproportional viel Geld in Nordamerika.

Das werde sich lohnen, sagt Rorsted, genauso wie die strategische Konzentration auf sechs Weltstädte von denen es heißt, dort entstünden die Trends der Zukunft. Schnell will Adidas diese dann umsetzen, so der erklärte Wille. Am dauerhaften Erfolg seiner Strategien will Kasper Rorsted keine Zweifel aufkommen lassen. "Wir sind auf Kurs und werden unsere langfristigen Ziele alle erreichen", sagte er am Mittwoch. Auch 2019 werde "wieder ein hochwertiges Gewinn- und Wachstumsjahr werden", wenngleich die Prognose mit einem währungsbereinigten Umsatzplus von fünf bis acht Prozent und einer Gewinnsteigerung von zehn bis 14 Prozent moderater ausfiel, als von Anlegern erwartet. Prompt gab der Kurs der Adidas-Aktie am Mittwoch nach.

2019 wird die Firma 70 Jahre alt - alte Modelle werden nun aufgefrischt

Nutzen will der Sportartikelhersteller vom 70. Unternehmensgeburtstag ziehen, den man 2019 feiert. In dieser langen Zeit habe die Firma Unmengen von Schuhmodellen auf den Markt gebracht, die man relaunchen und neu auf den Markt bringen könne, sagt Rorsted. Zuletzt gelang dies mit den Tennisschuhen "Superstar" und "Stan Smith", die als Sneakers wiederbelebt wurden und sich verkauften wie selten ein Modell zuvor. Der Hype ist zwar vorbei, doch neue würden kommen, ist sich Rorsted sicher. Vorausgesetzt, es gibt dann keine Lieferengpässe. Sie zu verhindern ist seit wenigen Tagen Aufgabe von Martin Shankland. Der Australier ist der Nachfolger des geschassten Gil Steyaert.

© SZ vom 14.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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