Keine Chance für Behindertensport in Dachau:Stadträte lehnen Eissporthalle ab

70 Jugendliche demonstrieren am Rathausplatz für den Neubau an der Wallbergstraße. Unbeeindruckt entscheidet die Mehrheit der Stadträte dagegen

Von Viktoria Großmann, Dachau

Das Projekt einer Eissporthalle an der Wallbergstraße ist abgelehnt. Eine deutliche Mehrheit von zehn zu fünf Stimmen sprach sich im Haupt- und Finanzausschuss des Dachauer Stadtrates gegen den SPD-Antrag aus. Dafür stimmten neben der SPD-Fraktion und Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) lediglich Sabine Geißler vom Bündnis für Dachau. Damit wird laut früherem Beschluss das Vorhaben eines Neubaus auf dem Gelände des ASV weiter verfolgt. Bauamtsleiter Moritz Reinhold legte dagegen dar, dass planungsrechtlich der Standort am ASV nicht infrage kommt: die Parkplätze reichen nicht.

Die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwochnachmittag hatte der Oberbürgermeister spontan vom kleinen in den großen Sitzungssaal verlegt. Das Interesse war enorm. Zuvor hatte es auf dem Rathausplatz eine Kundgebung des Jugendrats gegeben, die erst am Montag genehmigt worden war. Etwa 70 Teilnehmer fanden sich auf den Aufruf hin ein, längst nicht nur Sportler des Eishockeyvereins ESV Woodpeckers, auch Jugendliche, die einfach gern Eislaufen gehen, wie sie sagten. Der Jugendrat hatte sich klar hinter das Projekt des ESV gestellt. Sprecher Berkay Kengeroglu erhielt im Haupt- und Finanzausschuss ausnahmsweise Rederecht und forderte die Stadträte auf, in die Zukunft zu denken. "Wenn Ihr alter Röhrenfernseher kaputt geht, kaufen Sie sich dann wieder einen Röhrenfernseher?", fragte er mit Bezug auf die alte, nicht überdachte Eislauffläche.

SPD-Sprecherin Keimerl lobt den CSU-Landtagsabgeordneten

Die Stadträte hatten eine zwölfseitige Sitzungsvorlage mit 16 Anlagen erhalten. Darin werden Nutzungszeiten, Förderungsmöglichkeiten und Risiken dargestellt. Erst im Februar hatten Stadt und ESV vom Bayerischen Landessportverband (BLSV) die Aussage erhalten, dass eine Förderung in Höhe von 30 Prozent der Kosten möglich sei - auch wenn Nicht-Vereinsmitgliedern die Nutzung gestattet wird. Der BLSV hatte sich für diesen neuen rechtlichen Fall eigens mit dem Innenministerium beraten. Der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath hatte sich für das Projekt eingesetzt, das wesentlich auch dem Para-Eishockey sowie anderen Behinderten-Sportarten dienen sollte. Seidenath wurde von der SPD-Fraktionssprecherin Christa Keimerl gelobt, weil er statt des üblichen 20 Prozent BLSV-Zuschusses 30 Prozent erreicht hatte. Auch Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU) hatte sich für das Inklusionsprojekt stark gemacht.

Keine Chance für Behindertensport in Dachau: Viele Zuschauer verfolgten die Diskussion im Hauptausschuss des Dachauer Stadtrates.

Viele Zuschauer verfolgten die Diskussion im Hauptausschuss des Dachauer Stadtrates.

(Foto: Toni Heigl)

Nicht so die CSU im Dachauer Stadtrat. "Das einzige, was wir wissen ist, dass wir gar nichts wissen", erklärte Gertrud Schmidt-Podolsky zu dem Stapel an Unterlagen. "Es kann ein finanzielles Abenteuer werden." Die Idee des ESV war auch, der Stadt Kosten für den Bau einer neuen städtischen Eislaufhalle zu ersparen, indem ein zuschussberechtigter Verein als Bauherr auftritt. Trotzdem würde die Stadt den Bau mit einem zweistelligen Millionenbetrag bezuschussen müssen. So wie andere Vereinsprojekte des ASV und TSV auch. Die Rede war von mindestens 13,6 Millionen Euro. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) räumte ein, dass nicht alle Fragen zu diesem Zeitpunkt detailliert beantwortet werden könnten. Zudem zeige die Erfahrung jüngster Bauprojekte, dass Baukosten enorm steigen können.

Die Bäume im Bannwald bezeichnet Gertrud Schmidt-Podolsky als "Stangerl"

Verhindern möchten die Befürworter des Standorts Wallbergstraße die Rodung von Bannwald in Dachau Süd. Gertrud Schmidt-Podolsky und Sportreferent Günter Dietz (CSU) betonten, auf keinen Fall wollten sie hingegen den Bolzplatz an der Wallbergstraße opfern. Als Christa Keimerl von einer Ausweichmöglichkeit zumindest für die Bauzeit an der Wiener Straße sprach, erntete sie von der CSU Gelächter. Auch der Jugendrat hatte die Wiener Straße als vorübergehenden Ersatz angemessen gefunden. Den Bannwald am ASV, es geht um etwa 1000 Bäume, bezeichnete Schmidt-Podolsky als "Stangerl". Man könne an anderer Stelle sicher Wertvolleres schaffen. Parkplätze seien ausreichend vorhanden.

Zu schlecht informiert fühlten sich die Grünen, die deshalb den SPD-Antrag ablehnten. "Wir sind der Hauptsponsor und deshalb in der Verantwortung", sagte Luise Krispenz. Jürgen Seidl (FDP) lehnte ebenfalls ab, weil ihm eine "fundierte Entscheidungsgrundlage" fehle. Seidl aber machte unmissverständlich klar: "Der Standort an der Wallbergstraße ist alternativlos." Der ASV brauche dringend den Platz, um sich zu erweitern. Seidl hatte schon früher sehr deutlich Eingriffe in den Bannwald abgelehnt. Zudem brachte er weitere juristische Fragen vor.

Keine Chance für Behindertensport in Dachau: Vor Beginn der Sitzung demonstrierten etwa 70 Dachauer Kinder und Jugendliche, darunter auch Mitglieder des ESV, für den Bau einer Eissporthalle in der Stadt.

Vor Beginn der Sitzung demonstrierten etwa 70 Dachauer Kinder und Jugendliche, darunter auch Mitglieder des ESV, für den Bau einer Eissporthalle in der Stadt.

(Foto: Toni Heigl)

Christine Unzeitig (CSU), Vorsitzende des Vereins Behinderte und Freunde, äußerte sich nicht zu diesem Inklusionsprojekt, dem die Volksbank Raiffeisenbank Dachau sowie der Behindertensportverband Unterstützung zugesagt hatten. ÜB-Stadtrat Franz Xaver Vieregg, stellvertretender BLSV-Kreisvorsitzender und dort Referent für Inklusion, stellte lediglich fest, dass eine neue Eislaufbahn unbedingt überdacht werden müsse. Er lehnte den Antrag ebenfalls ab. Als Zuschauer hatten viele ESV-Vereinsmitglieder und Jugendliche teilgenommen. OB Hartmann ließ einen langen Applaus nach einer emotionalen Rede von SPD-Fraktionssprecherin Christa Keimerl vergehen, ehe er darauf hinwies, dass Applaus in der Sitzung nicht erlaubt sei. Anthony Vilano vom ESV verließ den Saal ungebrochen heiter. Das letzte Wort sei noch nicht gesprochen, sagte er.

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