Entwurf für neues Abstammungsrecht:Vier Eltern sind zu viel für ein Kind

Entwurf für neues Abstammungsrecht: Nicht erst seit der Ehe für alle ist klar, dass das alte Abstammungsrecht reformiert werden muss. Im Bild eine Teilnehmerin einer "Gay and Lesbian Pride"-Parade in Barcelona 2014.

Nicht erst seit der Ehe für alle ist klar, dass das alte Abstammungsrecht reformiert werden muss. Im Bild eine Teilnehmerin einer "Gay and Lesbian Pride"-Parade in Barcelona 2014.

(Foto: AFP)

Auch in Deutschland soll bald die Partnerin einer Frau, die ein Kind zur Welt bringt, automatisch Mit-Mutter sein. Endlich. Doch zu Recht setzt das geplante Gesetz Grenzen und besteht auf dem Zwei-Eltern-Prinzip.

Kommentar von Ann-Kathrin Eckardt

Zu Beginn ein modernes Denkspiel: Ein schwules Paar zeugt mit dem Samen eines Partners und einer gespendeten Eizelle ein Kind und lässt es von einer lesbischen Freundin austragen. Diese Freundin hat - mithilfe einer Samenspende des anderen schwulen Mannes - bereits Kinder bekommen. In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen die Kinder zueinander?

Ganz so kompliziert wie dieser Fall aus den USA sind die Familienkonstellationen zwar selten, doch er zeigt, welche Herausforderungen das Leben heutzutage an ein neues Abstammungsrecht stellt. Denn dass das alte Recht dringend reformiert werden muss, ist nicht erst seit der Ehe für alle sonnenklar. Vor allem wenn die Reproduktionsmedizin ins Spiel kommt, ist die Frage nach den Eltern oft ungeklärt. Bis zu drei Elternpaaren kann ein Kind heute theoretisch haben. Viele andere Länder haben ihre Gesetze deshalb schon vor Jahren reformiert.

Mit ihrem Entwurf für ein neues Abstammungsrecht will Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) jetzt endlich auch in Deutschland mehr Klarheit schaffen. Viele der Neuerungen gehen auf 91 Thesen des "Arbeitskreises Abstammungsrecht" zurück, ein elfköpfiges Gremium aus Juristen, Sozialwissenschaftlern, Psychologen, Medizinern und Verfassungsrechtlern. So werden im Entwurf zum Beispiel lesbische Paare gestärkt. Zukünftig soll die Partnerin der Frau, die ein Kind zur Welt bringt, automatisch als Mit-mutter mit allen Rechten und Pflichten anerkannt werden. Die aufwendige Stiefkindadoption, die dafür bislang nötig ist, würde entfallen. Für sehr viele Regenbogenfamilien wäre das eine enorme Erleichterung: In etwa 90 Prozent der gleichgeschlechtlichen Familien erziehen zwei Frauen gemeinsam die Kinder.

Grundsätzlich soll in Zukunft derjenige der zweite Elternteil sein, der gemeinsam mit der Mutter eingewilligt hat, ein Kind durch eine Samen- oder Embryonenspende mit ärztlicher Hilfe zu bekommen, also in der Regel der Ehemann oder Lebenspartner - vorausgesetzt der Spender verzichtet auf die Elternschaft. Die Erklärung, die Elternschaft zu übernehmen, träte dann an die Stelle des Zeugungsakts.

Geregelt werden in Barleys "Diskussionsteilentwurf" auch seltene Fälle: Was ist, wenn eine verheiratete schwangere Frau, deren Kind aus einer Samenspende stammt, sich von ihrem Mann trennt? Hier soll es möglich sein, dem neuen Partner die Vaterschaft zuzuordnen. Auch der Umgang mit eingefrorenen Embryonen wird endlich geregelt: Stimmen die leiblichen Eltern zu, können überzählige Embryonen gespendet werden.

All diese Neuerungen sind richtig und längst überfällig. Das Wichtigste aber ist, dass auch in Zukunft das Zwei-Eltern-Prinzip gelten soll. Anders als von manchen Schwulen und Lesben gefordert, wird ein Kind also nicht drei oder vier Elternteile haben können - zumindest nicht vor dem Gesetz. Auch wenn das nach besonders viel Nestwärme und Fortschritt klingen mag, muss das Recht immer das Worst-Case-Szenario im Blick haben: eine Trennung. Wo würde das Kind dann wohnen? Wer würde Unterhalt zahlen? Wen müsste das Kind an welchem Tag besuchen? Mit wem in den Urlaub fahren? Und selbst wenn sich niemand trennt: Wer zahlt, wenn später die zwei Elternpaare pflegebedürftig sind? Bei allem Fortschritt muss deshalb gelten: Das Wohl des Kindes steht über dem der Eltern.

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