Antonio Tajani:EU-Parlamentspräsident relativiert Mussolini

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani. (Foto: Jean-Francois Badias/dpa)
  • Mit Aussagen über den faschistischen Diktator Benito Mussolini sorgt der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, für Empörung.
  • Der Italiener sagte, Mussolini habe auch positive Dinge getan, zum Beispiel Straßen und Sportanlagen gebaut.
  • Der Chef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Udo Bullmann, verlangt eine Erklärung.

Europaparlamentspräsident Antonio Tajani hat mit einer Bemerkung über den faschistischen italienischen Diktator Benito Mussolini Empörung ausgelöst. Mussolini habe vor der Einführung der Rassengesetze und vor der Kriegserklärung "an die ganze Welt" auch "einige positive Dinge getan", sagte Tajani in einem Radiointerview. Mussolini war von 1922 bis 1943 an der Macht. Italien trat 1940 an der Seite Nazi-Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein.

"Ich bin kein Faschist, ich war nie ein Faschist. Aber wenn wir ehrlich sein wollen, hat er Straßen, Brücken, Gebäude, Sportanlagen gebaut", sagte der Italiener Tajani, der zur konservativen Partei Forza Italia von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi gehört. Wenn man ein historisches Urteil fälle, müsse man "objektiv" sein.

Schon Berlusconi lobte den Diktator

Der Chef der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Udo Bullmann, verlangte von Tajani "umgehend eine Erklärung". "Unglaubliche Zitate von Tajani über Mussolini: Wie kann der Präsident des Europäischen Parlaments den Charakter des Faschismus so verleugnen?", schrieb der SPD-Politiker am Mittwoch auf Twitter.

Später twitterte Tajani, seine Aussagen seien "manipuliert" worden. Er halte die faschistische Diktatur, die Rassengesetze und die Opfer für das dunkelste Kapitel der italienischen und europäischen Geschichte. Seine Aussagen zu den angeblich positiven Leistungen Mussolinis finden sich aber genau so in den Aufnahmen des Radiosenders Radio24, der das Interview führte.

Kritiker werfen Italien seit Langem mangelnde Aufarbeitung des Faschismus vor. Im ganzen Land kann man zum Beispiel noch Mussolini-Memorabilia kaufen. Und Berlusconi sagte 2013 am Holocaust-Gedenktag, dass Mussolini viele Dinge gut gemacht habe.

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