Plastikmüll in Ozeanen:Aufgeblasene Killer

Plastikmüll in Ozeanen: Keine 99 Luftballons mehr in den Himmel schicken?

Keine 99 Luftballons mehr in den Himmel schicken?

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In immer mehr Gemeinden in den Niederlanden ist es untersagt, Luftballons steigen zu lassen. Reine Spaßverderberei? Nein, nur vernünftig.

Kommentar von Marlene Weiß

Jetzt werden auch noch Luftballons mies gemacht. Da fallen einem ja gleich die doofen Generäle ein, die in dem Achtzigerjahre-Klassiker von Nena auf harmlose Luftballons ballern. Muss man wirklich den kleinen Spaß des Luftballon-Steigenlassens verbieten, so wie das inzwischen laut einer Erhebung der Umweltgruppe De Noordzee 17 Prozent der niederländischen Gemeinden tun? Gibt es denn keine größeren Probleme?

Klar gibt es die, aber nur wenige lassen sich so leicht aus der Welt räumen, und irgendwo muss man ja anfangen. Sicher sieht es toll aus, wenn bunte Luftballons in den Himmel steigen. Man kann auch verstehen, dass Hochzeitspaare so etwas romantisch finden. Aber die Zahlen, die kürzlich Forscher aus Australien veröffentlicht haben, sind recht eindeutig. Von 1733 toten Seevögeln, die die Wissenschaftler untersuchten, hatte fast jeder dritte Plastik im Magen. Zwar waren weniger als zehn Prozent der Teile weiches Plastik, also Schaumstoff, weiches Verpackungsmaterial und Ähnliches.

Hartes Plastik rutscht eher durch den Darm durch

Aber unter den 22 Seevögeln, die höchstwahrscheinlich an dem Plastik starben, sah die Verteilung anders aus: Zehn Tiere, also fast jedes zweite, waren an weichen Objekten verendet, allein fünf von ihnen an Luftballons. Insgesamt sind die hübschen Ballons damit laut den Forschern das Gefährlichste, was Seevögel verschlucken können, 32 Mal so tödlich wie hartes Plastik. Ähnliche Ergebnisse hatten zuvor Studien an Schildkröten ergeben: Hartes Plastik rutscht eher durch den Darm durch, während weiches schnell zu lebensgefährlichen Blockaden führt. Hinzu kommen die Schnüre, die an die Luftballons gebunden sind. Auch in diesen können Tiere sich verheddern oder sie verschlucken.

Übrigens gilt das auch für biologisch abbaubare Materialien, denn es dauert einfach zu lange, bis das Zeug unschädlich ist. Darum gehören Luftballons nicht in die Umwelt, heliumgefüllte schon gar nicht. Es mag schade sein, wenn Kinderfeste ohne Luftballon-Loslass-Events auskommen müssen, aber so groß ist das Opfer nun auch wieder nicht. Amsterdam hat das Steigenlassen schon 2015 verboten, und bislang war nichts davon zu hören, dass auf Kindergeburtstagen und Hochzeiten dort jetzt nur noch tief deprimiert Mau-Mau gespielt wird.

Darum ist es schön, dass sich in den Niederlanden der Anteil der Gemeinden mit Luftballonverbot seit dem vergangenen Jahr verdreifacht hat. Auch in vielen britischen Gemeinden und in mehreren US-Bundesstaaten darf man nicht mehr einfach so Heliumballons auf die Reise schicken. Bei den Diskussionen um das Einwegplastik-Verbot in der EU kam das Thema ebenfalls zur Sprache, aber auf ein Verbot konnte man sich nicht einigen. Schade eigentlich. Aber das kann ja noch werden.

Zur SZ-Startseite
KLM MD-11

SZ PlusMeinungUmweltschutz
:Freiwillig werden wir die Erde nicht retten

Egal, wie gut man Klimaschutz und freitags demonstrierende Kinder findet: Auf individuelle Lebensqualität möchte kaum jemand verzichten. Was passieren muss, damit sich trotzdem etwas ändert.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: