Israel:Peinliches Leak

Israel: Benny Gantz, dem schärfsten Konkurrenten von Premier Benjamin Netanjahu, kommt die Bekanntgabe des Hackerangriffs gerade ungelegen. Die Parlamentswahl ist am 9. April.

Benny Gantz, dem schärfsten Konkurrenten von Premier Benjamin Netanjahu, kommt die Bekanntgabe des Hackerangriffs gerade ungelegen. Die Parlamentswahl ist am 9. April.

(Foto: Menahem Kahana/AFP)

Das Land fragt sich: Hat Benny Gantz Sexvideos auf dem Handy? Die Opposition vermutet, dass Kontrahent Benjamin Netanjahu hinter der Veröffentlichung steckt.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Egal, wo Benny Gantz in den vergangenen Tagen auftauchte oder welches Thema er ansprach - der schärfste Rivale von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bekam immer die gleichen Fragen zu hören: Haben Sie auf Ihrem Handy Sexvideos gespeichert? Gibt es eine SMS von einer Affäre? Haben die Iraner kompromittierendes Material in der Hand? Fragen zu seinem Privatleben war der langjährige Armeechef bisher nicht gewöhnt. Nun zeigt sich, dass sich der bei öffentlichen Auftritten eher hölzern wirkende ehemalige Generalstabschef irritieren lässt. Auch wenn Gantz versichert, dass an all den Vermutungen nichts dran sei.

Schon im Dezember - also vor der offiziellen Bekanntgabe der Kandidatur des blau-weißen Bündnisses - soll Gantz vom israelischen Inlandsgeheimdienst Schin Bet informiert worden sein, dass sich Hacker Zugang zu seinem privaten Handy verschafft und das Material an Iran verkauft hätten. Es seien keine geheimen Informationen dabei, aber solche, die für Gantz peinlich sein könnten. Diese Information wurden erst jetzt, rund drei Wochen vor der Wahl am 9. April, von anonymen Quellen Medien zugespielt. Seither wird öffentlich spekuliert, ob Gantz erpressbar ist.

Die Opposition vermutet, dass Netanjahu hinter diesem Leak steckt. Denn Gantz liegt in Umfragen vorne und inszeniert sich angesichts der Anklagen in drei Korruptionsfällen, die Netanjahu drohen, als saubere Alternative. Netanjahus rechtsnationale Likud-Partei schlachtet das Thema in sozialen Medien aus und unterstellt Gantz der Wunschkandidat der Iraner zu sein. Netanjahu selbst stellte die Frage: "Wenn Benny Gantz sein Handy nicht schützen kann, wie will er das Land schützen?"

Gantz' blau-weißes Bündnis rief den Generalstaatsanwalt auf, die Affäre zu untersuchen. In einem offenen Brief bat Gantz die Justiz, "den Premierminister anzuweisen, im Rahmen seiner rechtlichen Verpflichtungen zu handeln und zu vermeiden, von den ihm unterstellten Agenturen persönlichen oder politischen Gebrauch zu machen". Auch der ehemalige Mossad-Chef Tamir Pardo warnte, dass eine Veröffentlichung im Wahlkampf die Demokratie beschädige.

Als Quelle gilt "ein bestimmtes Büro in Jerusalem" - jenes des Premierminsters. Dort wird eine Verwicklung genauso dementiert wie am Dienstag eine Meldung einer saudischen Zeitung, dass Iran auch Daten der Handys von Netanjahus Ehefrau Sarah und Sohn Yair habe.

Die Spekulationen über den erbeuteten Inhalt der Hackerangriffe haben jedenfalls das Thema Korruption verdrängt. Davor versuchte das blau-weiße Bündnis mit der Botschaft durchzudringen, dass Netanjahu in einen weiteren Korruptionsfall direkt verwickelt sei. Es geht um den Schmiergeldskandal rund um den milliardenschweren Ankauf deutscher U-Boote von ThyssenKrupp. Netanjahu war bisher nur als Zeuge vernommen worden. Nun kam durch den Rechnungshof an die Öffentlichkeit, dass Netanjahu gemeinsam mit seinem Cousin Nathan Milikowsky Teilhaber in einer Firma gewesen sei, die durch den Ankauf der U-Boote profitiert habe. Netanjahu hatte sich für die Anschaffung gegen den Rat des damaligen Verteidigungsministers Mosche Yaalon eingesetzt - Yaloon ist nun auf Listenplatz drei des blau-weißen Bündnisses. 4,5 Millionen Dollar soll laut Gantz' Darstellung Netanjahus Profit ausmachen.

Angesichts des Zweikampfes Gantz- Netanjahu haben es andere Parteien schwer, im Wahlkampf aufzufallen. Justizministerin Ayelet Schaked von der Partei Neue Rechte gelang dies mit einem bizarren Videoclip: Wie ein Model posiert sie für ein Parfum namens "Faschismus", unterlegt von Sprüchen wie "Gewaltentrennung", "Justizreform" und "Zurückdrängung des Obersten Gerichts". Dazu haucht Schaked: "Für mich riecht das wie Demokratie." Der Wahlkampf in Israel bietet Überraschungen.

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