Nahaufnahme:Revolution im Laden

Nahaufnahme: Marc-Alexander Christ: "Heutzutage gibt es nichts Bescheuerteres als Münzen und Papierscheine."

Marc-Alexander Christ: "Heutzutage gibt es nichts Bescheuerteres als Münzen und Papierscheine."

(Foto: oh)

Marc-Alexander Christ hat das Start-up Sumup gegründet. Mit seinem Lesegerät sollen Kunden überall mit Karte oder Smartphone zahlen können.

Von Nils Wischmeyer

Marc-Alexander Christ hat stets ein kleines, weißes Gerät dabei. Irgendwann fragt immer einer: Was ist denn das? Dann erklärt Christ immer: Der kleine weiße Kasten ist ein Kartenlesegerät. Kunden können damit überall per Karte oder Smartphone bezahlen, egal ob im Laden, Taxi oder mitten im Wald.

Christ hat mit vier Partnern das milliardenschwere Start-up Sumup gegründet, das hinter dem Kartenlesegerät steckt und dessen Wert auf drei Milliarden Euro geschätzt wird. Der 40-Jährige redet nicht lang drum herum. "Das Bargeld löst heute kein Problem mehr", sagt er. "Das hat ein Problem gelöst, als du dein Schaf gegen meine Steine getauscht hast. Das hat es einfacher gemacht. Aber heutzutage gibt es nichts Bescheuerteres als Münzen und Papierscheine." Das will er ändern und möglich machen, dass alle immer mit Karte bezahlen. Das allein ist schon ein großes Vorhaben, doch er greift gern auch ein Stück höher. "Wir wollen kleinen Händlern helfen und damit auch die Welt verändern", sagt Christ.

Ausgehen soll die Revolution vom Bäcker, Taxifahrer oder Kellner im Restaurant. Oftmals bieten diese Kleinstbetriebe nur Barzahlung an. "Aber doch nicht, weil die das toll finden, sondern Kartenzahlung einfach zu teuer ist", glaubt Christ. Sein Terminal sei besonders kostengünstig, behauptet er. Die anderen Anbieter rechneten zumeist eine Gebühr pro Monat ab. Christ und sein Team hingegen rechnen pro Transaktion ab. Umso mehr die Menschen also mit Karte oder dem Smartphone via Apple-Pay oder Google-Pay bezahlen, desto besser verdient die Firma. Bargeld stört da nur.

Er selbst ist wenig revolutionär gestartet, studierte erst BWL in den Niederlanden in Maastricht und stieg nach seinem Abschluss ins Immobilien- und ins Investmentbanking ein, zog nach New York. Dort, bezahlte er alles mit Karte. Bargeld kam nicht vor. Nach ein paar Jahren wechselte er zu JP Morgan, der zurzeit größten US-Bank, zog nach London und Frankfurt. All das ist weit weg von Revolution, von der Veränderung der Welt und der Gründung eines Start-up. Doch dann kam die Finanzkrise 2008. Christ kündigte und brauchte einen neuen Job.

Kurzerhand heuerte er kurz nach der Gründung beim Gutschein-Portal City-Deal an und verkaufte nach vier Monaten an Groupon. Beflügelt davon, gründete er direkt ein eigenes Start-up. Das aber machte nach wenigen Monaten dicht. Christ war wieder auf dem Boden angelangt, und es hätte das Ende seines Ausflugs in die Start-up-Welt sein können. Er hätte sich jetzt wieder einen Job suchen können, bei einer Bank etwa.

Doch die Geschichte ging anders aus, denn, so sagt er, irgendwas an Start-ups hatte ihn gepackt. Und so kam es, dass er sich mit vier Kollegen zusammentat, Sumup gründete - und seither ein Kartenlesegerät mit sich herumträgt. Seit der Gründung ist sein Tag eng getaktet. Freizeit gibt es für ihn kaum, ein verrücktes Hobby hat er nicht. Eigentlich habe er überhaupt kein Hobby. Eine Million Händler haben Christ und seine Kollegen bereits unter Vertrag, jeden Tag melden sich ihren Angaben zufolge 3000 neue. Für Christ ist das erst der Anfang. Er will, dass die Menschen künftig auch den Gärtner oder den Babysitter mit Karte oder Smartphone bezahlen. Diesen Traum hat aber nicht nur er. Die Konkurrenz ist groß. In den USA hat Twitter-Gründer Jack Dorsey mit derselben Idee Square aufgezogen, heute 22 Milliarden Euro wert und etwa zehn Mal so groß wie Sumup. Die Firma iZettle wurde gerade von Paypal gekauft, die das Geschäft weiter ausbauen will. Die Revolution wird nicht einfach.

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