Bundestag:SPD straft Florian Post ab

Florian Post (re.) gehört zu den Unterstützern des ehemaligen Außenministers Sigmar Gabriel (li.). In der Berliner SPD-Fraktion eckt der Münchner nicht nur deshalb an.

Florian Post (re.) gehört zu den Unterstützern des ehemaligen Außenministers Sigmar Gabriel (li.). In der SPD-Fraktion eckt der Münchner nicht nur deshalb an.

(Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)
  • Die SPD hat ihren Münchner Abgeordneten Florian Post aus dem Wirtschaftsausschuss im Bundestag abberufen.
  • Post war meistens dabei, wenn sich in der SPD-Fraktion Leute gegen die Vorsitzende Andrea Nahles auflehnten.
  • Auch mit den bayerischen Parteikollegen gab es wiederholt Ärger. Komplett abgemeldet ist der Münchner aber noch nicht.

Von Mike Szymanski

Mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Florian Post aus dem Münchner Norden lässt es sich schon auskommen - meint zumindest Florian Post. So schwierig sei das gar nicht. Er teile gerne aus. Er könne aber auch einstecken. "Außer Mord und Totschlag gibt es nichts, worüber man sich nicht wieder vertragen kann", sagt Post. Wo ist das Problem?

Es ist Sitzungswoche in Berlin. Post, 37 Jahre, hat sich gerade im Abgeordneten-Restaurant im Reichstag auf eine Tasse Kaffee zurückgezogen. Die Woche ist nicht gut für ihn gelaufen. Es gab Streit. Das bringt Post für gewöhnlich nicht aus der Ruhe. Aber dieses Mal hat er verloren. Die Fraktionsspitze hat Post aus dem Wirtschaftsausschuss abberufen. Er verliere eine Aufgabe, der er sehr gerne nachgekommen sei, sagt er. Die SPD musste einen der elf Sitze im Ausschuss abgeben, weil ein anderer Abgeordneter im Herbst die Fraktion verlassen hatte. Aber es traf ausgerechnet Post, weil die Fraktionsspitze um Andrea Nahles ihn abstrafen wollte. Das gibt sie offen zu. Ein seltener wie bemerkenswerter Vorgang: In der Regel setzen Fraktionschefs solche Mittel, wenn überhaupt, nur als Drohkulisse ein. Dabei beließen es Nahles und ihre Kollegen aus der Fraktionsführung nicht.

Wenn sich in der SPD-Fraktion Leute gegen Nahles oder ihre Entscheidungen auflehnten, dann gehörte Post mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu. Er ist bislang weniger mit seiner inhaltlichen Arbeit wahrgenommen worden als durch seine eindeutige Lager-Zugehörigkeit: Er trat entweder als "Nahles-Kritiker" auf oder als treuer Anhänger von Sigmar Gabriel, dem Ex-Parteichef, der Nahles sonst das Leben schwer macht. Wenn Gabriel der große Quälgeist für Nahles ist, dann ist Post ihr Mini-Quälgeist. Mit seinen 37 Jahren kann er noch nicht die politische Verdrängungskraft eines Politikers wie Gabriel aufweisen. Den "Jetzt-reicht's"-Punkt hat er aber bei Nahles erreicht.

Post ist der Mann, der Gabriel gerne wieder "in der ersten Reihe" der SPD sehen möchte, obwohl Nahles versucht, ihn auf Distanz zu halten. Post ist der Mann, der Nahles öffentlich ein Ultimatum stellt, als Nahles noch am Kompromiss bei der Reform des sogenannten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche gearbeitet hat. Als Nahles im Streit um die Zukunft des umstrittenen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen zunächst einer Beförderung zustimmte, ätzte Post: "Was haben denn die bei ihrer Krisensitzung gesoffen?"

Im Plenum stellt sich Post bei Abstimmung auch gelegentlich gegen die Linie der Fraktionsführung: Etwa bei jenem Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche, Paragraf 219a, und der Ferkelkastration. Post verteidigt sich: "An meiner Arbeit gab es nichts auszusetzen." Und dass er so regelmäßig gegen Nahles schießt? Er agiere eben nach dem Motto: "Haltung haben, Haltung zeigen und Haltung vertreten." In der Sache erhalte er - gerade an der Basis - "maximale Zustimmung".

Nahles, Schulz, Kohnen - gegen alle hat Post geschossen

Nahles rüder Umgang mit ihrem Kritiker zeigt auch, wie dünn ihr Nervenkostüm geworden ist angesichts des Umfragetiefs. Der Fraktionsvorstand billigte aber ohne Gegenstimmen die Abberufung - so viel Macht hat sie dann doch noch. Der Aufstand in der Fraktion bleibt aus. Post eckt an. Heute hat er zwar ein gutes Verhältnis zu Ex-Parteichef Martin Schulz, aber das war nicht immer so. In den Wirren der Regierungsbildung hatte er sich in einer Fraktionssitzung den damaligen SPD-Chef vorgenommen: "Wenn wir noch mal so einen genialen Wahlkampf führen wie im Sommer, dann landen wir bei einer Neuwahl bei 20,5 minus x, nicht 20,5 plus x". Er hatte Schulz lächerlich gemacht. Dafür entschuldigte er sich hinterher.

Ärger gab es nicht nur bei den Parteikollegen in Berlin. Als seine Bayern-SPD bei der Landtagswahl auf unter zehn Prozent abstürzte, forderte er umgehend den Rücktritt von Landeschefin Natascha Kohnen. Auf die Frage, was passiert, wenn sie nicht geht, erklärte er: "Das wäre geradezu so, als ob man dem Kapitän der Titanic gleich das Kommando über das nächste Passagierschiff anvertraut hätte." Schuld an der Niederlage seien nur die Bayern gewesen, sagte er, der Bundespolitiker. Heute, ein halbes Jahr später, tut ihm dieser Angriff leid, weil das nicht ganz fair gewesen sei.

Und der Dämpfer jetzt, ändert er etwas? "Meine Meinung werde ich weiter kundtun. Ob das immer gleich so laut sein muss oder ob ich andere eher mitnehmen muss, das ist eine berechtigte Frage." Die Abberufung aus dem Wirtschaftsausschuss mag Post zurückwerfen - abgemeldet ist er deshalb nicht. Er und sein Team arbeiten sich jetzt im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz ein. Ruhiger will er es nicht angehen lassen. "Eine Tür geht zu, eine andere geht auf", sagt er.

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