Fernsehen:Wie es blonder nicht geht

Zsa Zsa Gabor

Wie werde ich eine Ikone? Zsa Zsa Gabor lag richtig.

(Foto: Getty Images)

Acht Ehen und fünfzig überwiegend grauenhafte Filme: Arte zeigt einen Film über das irre Leben der Zsa Zsa Gabor.

Von Willi Winkler

Zu einem ihrer letzten Geburtstage, bereits hoch in den Neunzigern, lud ihr Mann wieder die Presse ein. Es gab Kuchen und was zu trinken, aber niemand bekam sie zu sehen. Frédéric von Anhalt präsentierte ein jugendliches Bild seiner Frau und sagte: "So sieht sie aus." Überwiegend blond also, engelszart und strahlend jung. Hollywood, wie es blonder nicht geht.

Als Zsa Zsa Gabor im Dezember 2016 im märchenhaften Alter von 99 Jahren starb, verschwand auch dieses allerletzte Souvenir aus dem Habsburger Reich, das im Rückblick immer noch operettenhafter und so hollywoodesk wirkt wie ihr Leben: Sári Gábor kam in Budapest zur Welt, Vater Kavallerieoffizier, Mutter Schauspielerin, die Tochter, nur eine von drei Grazien, war mit sechzehn zweitschönste Ungarin, mit zwanzig an einen älteren türkischen Diplomaten verheiratet.

Acht Ehen und fünfzig überwiegend grauenhafte Filme später zehrte sie noch immer von dem Glamour, den sie im Hollywood der Fünfziger entfalten konnte. Ganz so glamourös kann es nicht gewesen sein: Die erste Ehe, die sie ohne Zustimmung der Mutter eingehen konnte, war die letzte, eben jene mit dem Anhaltiner, der in der Alten Welt als Hans-Robert Lichtenberg geboren wurde und der über ein gewisses Grundkapital aus Saunabetrieben verfügte, und dann, mit einer prinzlichen Adoption versehen, auszog, in Amerika sein Glück zu machen. 1982 traf er die nicht mehr ganz junge Zsa Zsa, und die beiden erkannten sich, nämlich ihr jeweiliges Potential. Noch in letzter Minute, so erzählt es der Witwer, habe die Mutter intervenieren wollen und einen Herzinfarkt vorgetäuscht; sie heirateten trotzdem.

Daraus wurde die glücklichste aller Ehen, nämlich eine ehrliche Zugewinngemeinschaft durch maximale Ausbeutung des abnehmenden Ruhms bei immer wieder angefachtem Medieninteresse für die femme fatale, die den Männern reihenweise den Kopf verdreht hatte. Es war aber alles eine Inszenierung, es war die Mutter, die ihrem Liebling die Männer aussuchte und ihre Karriere in Blond plante. Und so wirkt es wie die Inszenierung einer Inszenierung, wenn der Film Zsa Zsa Gabor, Königin des roten Teppichs von Nicola Graef und Heike Dickebohm im Berliner Hotel Adlon in Gegenwart von RTL, einem gut ausgeleuchteten Busenwunder und einem ähnlich tiefdekolletierten Mr. Germany voraufgeführt wird. Der Prinz ist angereist, plaudert über die Scheinwerfersucht seiner verstorbenen Frau, über seine Erfolge im Trash-Fernsehen und signiert die Plastikkelche des den Abend sponsernden Champagnerherstellers.

Der Film erzählt auch die Geschichte einer jüdischen Familie. Zsa Zsas amerikanischer Ehemann, der Kaufhauskönig Conrad Hilton, ermöglichte ihren Eltern die Einreise in die Vereinigten Staaten, sonst wären sie in Auschwitz umgebracht worden. Zum Dank durfte er seine Frau offenbar schlagen. Erst gegen Ende ihres Lebens schlug sie zurück. Nach einem Unfall verbrachte sie die letzten Jahre im Krankenbett, betreut und bewacht von ihrem Prinzen, unsichtbar zwar, aber unvergänglich als die Sirene in Blond mit diesem alteuropäischen Lispeln.

Zsa Zsa Gabor, Arte, Sonntag, 22.30 Uhr.

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