Austausch unter Berufsschülern:Dragqueen für einen Tag

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Alexander Flink ist angehender Zahntechniker - und die schiefen Zähne sind zum Glück nur eine Prothese. (Foto: Florian Peljak)

Angehende Zahntechniker, Drogisten und Laboranten stellen im Bildungsreferat ihre Ausbildungen vor

Von Imke Plesch

Ein bisschen verlegen schaut Alexander Flink in die Runde und fasst sich immer wieder an seinen Bart, der über und über mit rotem Glitzer bedeckt ist. Schließlich setzt er sich noch die Zahnprothese mit den schiefen Zähnen ein und lächelt in die Handys seiner Mitschülerinnen. Die sind begeistert. "Wir haben ihn wie eine Dragqueen geschminkt", erklärt Perihan Aksoy, die Flink gestylt hat. "Die schiefen Zähne sind jetzt ein cooler Gegensatz zu Glitzer, Lidschatten und Lippenstift."

Sich ausprobieren, kreativ sein und sich gegenseitig kennenlernen sollen die Schüler und Schülerinnen der Berufsschule für Zahntechnik, Chemie-, Biologie- und Drogerieberufe an diesem Dienstag im Münchner Bildungsreferat. Das Referat feiert in diesem Jahr 150. Geburtstag, das hat die Berufsschule zum Anlass genommen, ihre Ausbildungen dort vorzustellen. Als Motto für diesen Tag sei deshalb auch "Gestern - heute - morgen" gewählt, erklärt Schulleiterin Waltraud Heimrath.

So haben die Chemie- und Biologielaboranten auf einem Tisch eine Wasserdampf-Destillation in einer klassischen Kupfer- und einer modernen Glasapparatur aufgebaut, um Lavendelhydrolat zu gewinnen. Das wird dann als Duftstoff in eine Basiscreme eingearbeitet. Die können die Schüler der Drogisten-Ausbildung wiederum verwenden, als Make-up-Grundlage, oder um zu überlegen, an welche Zielgruppe sie diese in ihrem Job später einmal verkaufen könnten.

Schulleiterin Heimrath ist begeistert vom Engagement, das die Jugendlichen in die Vorbereitung des Tages gesteckt haben. "Und heute ist für sie auch eine ideale Gelegenheit, sich auszutauschen." Jeder der Ausbildungsberufe würde sich normalerweise nur einzeln auf Veranstaltungen präsentieren. "Man sieht sich sonst ja nur auf dem Gang und weiß eigentlich gar nicht, wie die Ausbildung der anderen so abläuft", erzählt Alexander Flink, der im ersten Ausbildungsjahr zum Zahntechniker ist. "Es ist cool, dass wir jetzt wissen, was die anderen so machen."

Wie bei seinem Styling zu Conchita Wurst mit schiefen Zähnen haben sich mehrere angehende Zahntechniker und Drogisten zusammengetan und sich gemeinsam eine "Maske" überlegt. "Vorhin hatten wir das Thema Halloween-Schminken", sagt Perihan Aksoy, Drogistin im ersten Ausbildungsjahr. Ein Jugendlicher hat eine Zahnprothese gestaltet, deren Zähne unten gezackt sind. Dazu bekam er dann eine Horror-Clowns-Maske geschminkt.

Für Schulleiterin Heimrath ist dieser Präsentationstag auch eine gute Möglichkeit, um Nachwuchs zu gewinnen. Mehrere siebte und achte Klassen von Mittelschulen seien bereits da gewesen, um sich die verschiedenen Berufsbilder anzuschauen. Und auch Schüler der Berufsschule zur Berufsintegration in der Balanstraße, an der Migranten auf eine Ausbildung vorbereitet werden, kämen noch vorbei. "Integration läuft über die Arbeitswelt", betont Heimrath. Dabei meint sie nicht nur die Integration von Migranten in die Gesellschaft, sondern auch den Austausch der verschiedenen Berufsgruppen untereinander.

Fachlehrer Albert Forster aus der Zahntechnikausbildung sieht noch andere Vorteile dieses berufsübergreifenden Tages. "Wie meine Schüler heute aus sich rausgekommen sind, das ist ganz toll", sagt er und schaut auf Alexander Flink mit seinem rot glitzernden Bart. "Die können sich endlich mal ausprobieren, ihre Zurückhaltung ablegen und sich was trauen. Das bringt ihnen ja nicht nur für den Beruf ganz viel, sondern auch für ihre persönliche Entwicklung."

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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