Parteichef auf Basistour:Söder legt München auf die Psycho-Couch

Ministerpräsident Markus Söder will als Reaktion auf den großen Zuspruch zum Volksbegehrens eine Konsensrunde einrichten.

Markus Söders CSU macht sich bayernweit gerade intensive Gedanken über sich selbst und ihre Zukunft.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Stadt sei eine "eine erstickende Metropole", analysiert der bayerische Ministerpräsident. Und hat als Lösungsidee eine Art Nürnberger Nachhilfe parat.

Von Heiner Effern

Der CSU-Parteichef Markus Söder verbringt ja schon länger einen Teil seines Alltags in München, als Landtagsabgeordneter und nun Ministerpräsident bleibt ihm nichts anderes übrig. Seit den bescheidenen Ergebnissen bei den letzten beiden Wahlen muss er sich nun auch noch Gedanken machen, was die CSU tun kann, um in einer solchen Großstadt besser abzuschneiden.

Dafür hat Söder den Ist-Zustand der Landeshauptstadt analysiert und eine Art psychische Deformation erkannt. Die zentrale Zukunftsfrage sei, ob München sich endlich traue, eine Metropole zu sein, sagte Söder am Dienstag. Das sei längst fällig. Eine Art Nürnberger Nachhilfe hatte er dafür auch parat, die er ausdrücklich mit einer in Franken gängigen Redewendung präsentierte: A bisserl mehr "open minded" könnten sie schon sein, die Münchner.

Für eine erfolgreiche Zukunft müssten sie also vor allem "eine geistige Aufgabe" lösen und nicht etwa eine finanzielle, sagte Söder. Geld sei ohnehin nicht das Hauptproblem der Münchner. Sie sollten sich angesichts des Wachstums fragen: "Wollen wir noch eine Entwicklung haben?" Söder findet, dass das unbedingt nötig sei. Nach Jahrzehnten unter SPD-Oberbürgermeistern sei die Stadt aber "eine erstickende Metropole". Nun müsse endlich eine langfristige Strategie her, ein Plan, wie man das Problem mit dem "Erstickungsfaktor" lösen könne. Dass CSU-Chef Markus Söder gleich die gesamte Stadt München auf die Psycho-Couch legt, könnte einen Grund in seiner aktuellen Tätigkeit als Basis-Versteher haben.

Die CSU macht sich bayernweit gerade intensive Gedanken über sich selbst und ihre Zukunft. Söder tourt dafür durch die Bezirke und diskutiert hinter verschlossenen Türen mit den Mitgliedern. Am Dienstagabend empfing er gut 300 Münchner Parteimitglieder in der Hanns-Seidel-Stiftung. Davor zog er eine Halbzeitbilanz seiner Tour ("gut unterwegs", "Aufschwung", "noch weiter, langer Weg"), die Teilnehmern zufolge auch nachher noch Gütigkeit hatte. Der Parteichef nutzte aber die Gelegenheit, ein paar grundsätzliche Gedanken zur Landeshauptstadt und ihrem psychisch-politischen Zustand zu äußern.

A bisserl wenig open minded

Dafür hatte er knapp ein Jahr vor der Kommunalwahl auch Kristina Frank, die Oberbürgermeister-Kandidatin der CSU, mit an den Tisch gebeten. Sie darf allerdings davon ausgehen, dass sie ihr Parteichef nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung sieht. Sie soll eine Vision entwickeln, im Gegensatz zum Amtsinhaber und Konkurrenten, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Auch den hat Söder offenbar analysiert. Reiters Zukunftsprogramm für den OB-Wahlkampf beschreibt der CSU-Chef so: "Ich habe noch sechs Jahre, die plane ich jetzt einmal." A bisserl wenig open minded wohl nach Söders Lesart. Der CSU-Chef macht die mentale Erstickungsgefahr übrigens konkret am Beispiel des immer noch umgesetzten Hochhaus-Bürgerentscheids fest, der die Gebäudehöhe aller Neubauten in der Stadt auf unter 100 Meter begrenzt. Das findet der CSU-Parteichef sehr Siebzigerjahre-Kronawitter-mäßig.

Dass seine CSU, die immerhin seit fünf Jahren in München mitregiert, gerade in Richtung kleiner und bescheidener unterwegs ist, wenn es ums Bauen neuer Wohnungen geht? Darüber geht er hinweg. Die CSU in Großstädten müsse jünger, weiblicher, digitaler, urbaner und ökologischer werden, sagt Söder. Ganz wichtig ist das letzte Prädikat, wegen dieser Grünen (Die SPD kommt abgesehen von Reiter nicht mehr vor).

"Wir sind nicht bereit, München dauerhaft den Grünen zu überlassen." Was die CSU im Land dafür tun will, da blieb Söder eher vage. Man werde das Planungs- und Baurecht entrümpeln, versprach er. Und einen Nahverkehrsgipfel. Und ein Strategiegespräch zum Wohnungsbau. OB-Kandidatin Frank versprach ihrem Parteichef einen Kommunalwahlkampf der Sorte open minded. Sie strebe einen "Wettstreit der Ideen" an, wer München in die Zukunft führen dürfe.

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