Autonomes Fahren:BMW eröffnet neues Zentrum zur Datensammlung

Autonomes Fahren: Auf dem Campus wird das autonome Fahren entwickelt.

Auf dem Campus wird das autonome Fahren entwickelt.

(Foto: BMW-Group)
  • BMW hat in der Nähe seines Campus für autonomes Fahren in Unterschleißheim ein Data Center eröffnet.
  • Das neue Datenzentrum bietet 230 Petabyte Speicherplatz.
  • Hier sollen die enormen Datenmengen, die die Testfahrzeuge liefern, selektiert, gespeichert und verwaltet werden.

Von Iris Hilberth

Die bunt beklebten BMW-Fahrzeuge auf den Straßen von Unterschleißheim fallen auf. Der Schriftzug an der Seite bestätigt, dass es sich um jene Autos handelt, bei denen der Fahrer sich ruhig mal zurücklehnen, vielleicht auch lesen oder arbeiten kann. Die Maschine macht das schon, bringt einen hoffentlich unfallfrei ans Ziel: "Autonomous Driving Test Vehikel" eben. Bis ein solcher BMW aber sicher ganz ohne Fahrer für jedermann durch den Stadtverkehr kurvt, werden noch ein paar Jahre ins Land gehen. Einen weiteren Meilenstein dorthin hat der Automobilkonzern am Mittwoch auf seinem Campus für autonomes Fahren an der Landshuter Allee in Unterschleißheim mit der Eröffnung des Data Centers geschafft.

"Ein wichtiges Puzzlestück" nennt Alejandro Vukotich, der neue Vize-Chef für diese Sparte bei BMW, das neue Datenzentrum, das sich ein paar Kilometer entfernt vom Campus befindet und 230 Petabyte Speicherplatz bietet. Es ist eine sichere Plattform, um die enormen Datenmengen, die die Testfahrzeuge liefern, zu selektieren, zu speichern und zu verwalten. 80 Testautos der Siebener-Baureihe von BMW sind weltweit derzeit unterwegs, um Kilometer zu sammeln. Fünf Millionen müssen in der Realität zusammenkommen, ergänzt durch 240 Millionen virtuelle Kilometer. Bis Ende 2019 soll die Flotte auf 140 Fahrzeuge aufgestockt werden.

Täglich werden so 1500 Terabyte neue Rohdaten gesammelt. Diese Menge an Daten entspricht etwa der Speicherkapazität von 23 000 iPhones X. Acht Stunden dauert es im Durchschnitt, die Daten nachts vom Fahrzeug zu übertragen, das tagsüber unterwegs war. Die 230 Petabyte der Plattform entsprechen laut BMW dem Speicherplatz der CDs, die 45 Wohnungen mit etwa 80 Quadratmetern und einer Raumhöhe von drei Metern komplett ausfüllen.

Im Herbst 2017 sind die ersten Mitarbeiter in das neue Gebäude auf dem Campus für autonomes Fahren eingezogen, vor einem Jahr war offizielle Eröffnung des Forschungsstandorts. Inzwischen arbeiten hier auf 23 000 Quadratmetern 1300 Ingenieure und Software-Entwickler, bis zum Jahr 2020 sollen es 1800 sein. Mit dem Einstieg in eine neue Mobilität geht BMW auch neue, moderne Wege in der Organisation der Arbeit. "Agiles Arbeiten" nennt sich das Modell, das völlig weggeht vom bisherigen Planen beim Autobauer. "Wir waren Planungsweltmeister und wussten genau, wo wir hin müssen", sagt Vukotich. Jetzt denkt man nur noch in Zwei-Wochen-Schritten, um flexibel auf die stets neu entstehenden Problemstellungen reagieren zu können. 80 Teams stehen hierfür in Unterschleißheim zur Verfügung, die sich immer wieder neu zusammenfinden, je nach aktueller Anforderung.

Ansiedlungspläne bleiben geheim

Die mögliche Ansiedlung eines weiteren Standorts von BMW zwischen Ober- und Unterschleißheim bleibt im Stadtrat vorerst geheim - auch wenn der ganze Ort darüber spricht. Eine Initiative der Grünen, mit einer Sondersitzung des Stadtrats noch vor der Bürgerversammlung die Öffentlichkeit herzustellen, ist gescheitert. Erst bei der nächsten turnusmäßigen Sitzung am 11. April kann nun über die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht für Stadträte entschieden werden. Damit ist bei der Bürgerversammlung am 4. April Bürgermeister Christoph Böck (SPD) und jeder Stadtrat an die Pflicht zur Geheimhaltung gebunden, obwohl das Thema längst öffentlich diskutiert und wohl auch bei der Versammlung Thema sein wird.

Die SZ berichtet seit Herbst über die Ansiedlungspläne. In der vergangenen Woche hatte die Stadtratsfraktion der CSU ihre Ablehnung der Pläne öffentlich kundgetan. Nach Ansicht des Bürgermeisters haben die CSU-Stadträte damit ihren Amtseid verletzt. Die Frage wird derzeit juristisch geprüft. Die Grünen wollten nun für Klarheit sorgen und haben beantragt, die Nichtöffentlichkeit aufzuheben. Damit dies noch vor der Bürgerversammlung erfolgen könnte, wurde eine Sondersitzung des Stadtrats angeregt. Dies haben allerdings nur ÖDP und FDP unterstützt, sodass die notwendige Zahl von Unterschriften dafür nicht zustande kam. Auch die CSU, die mit der Veröffentlichung den Stein ins Rollen gebracht hatte, verweigerte sich der Sondersitzung. "Wir sind in keinster Weise gegen die Aufhebung der Geheimhaltung", sagt ihr Ortsvorsitzender Stefan Krimmer, "aber aus organisatorischen Gründen ist die ohnehin bald stattfindende Stadtratssitzung dazu der geeignete Zeitpunkt". kbh

"Die fassen an, wo es notwendig ist und haben hohe Eigenverantwortung", erläutert Vukotich die Arbeitsweise auf dem Campus, wo viele Hierarchiestufen aufgelöst seien. Die BMW Group sei das erste Unternehmen in der Automobilbranche, das das agile Arbeitsmodell konsequent und flächendeckend von der Forschung bis zur Serienentwicklung anwende, teilt der Konzern mit. "Das waren dramatische Veränderungen für meine Mitarbeiter, aber sie haben es positiv aufgenommen", sagt Data-Center-Chef Klaus Straub, "wir pushen uns damit in die neue Welt."

Noch haben die Testfahrzeuge den gesamten Kofferraum voll gepackt mit Hardware. Dieses riesige technische Equipment zum Datensammeln soll der BMW Vision i.Next World Flight nicht mehr haben, wenn er 2021 in Serie geht. Optional soll er dann über ein sogenanntes Level-drei-System verfügen, einen Autopiloten, der einen mit maximal 130 Stundenkilometern kutschiert - allerdings ausschließlich auf der Autobahn. Bis Level vier, also auch der Stadtverkehr, autonom sicher beherrschbar wird, muss noch längere Zeit erprobt werden. Als Teststrecke für die Autobahn nutzen die Unterschleißheimer häufig die Strecke nach Saarbrücken, mitunter geht es auch über den Brenner nach Norditalien. Ziel soll später einmal Hamburg werden. Für den urbanen Ernstfall biete München genügend Möglichkeiten, wie Richard Rau vom BMW-Entwicklungsteam bestätigt. "Hier finden wir alles, woran wir noch arbeiten", sagt er. Entsprechend würden dann die Routen ausgewählt - etwa mit vielen Linksabbiegerampeln.

Besondere Herausforderungen sind Kreisverkehre. Es müsse der genaue Zeitpunkt festgelegt werden, wann das Auto losfahren soll. "Wartet man zu lange, kommt man nicht rein", sagt Vukotich. Zu aggressiv soll die Fahrweise auch nicht sein. Auch das Einfädeln ist für die Entwickler eine Herausforderung. "Die Strategie, so nah heranfahren, bis einer Angst bekommt, wollen wir natürlich nicht verfolgen", so Rau. Es gehe vor allem darum, ein vorausschauendes System zu entwickeln.

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