Wirtschaftsentwicklung:Brexit-Pläne schaden deutschen Unternehmen schon jetzt

Bundesverband der Deutschen Industrie

Macht sich Sorgen um die Wirtschaft: BDI-Präsident Dieter Kempf.

(Foto: dpa)
  • Jedes vierte deutsche Unternehmen, das in Großbritannien Geschäfte macht, müsste bei einem Brexit Stellen streichen, sagt der Präsident des Industrieverbands BDI.
  • Zwölf Prozent dieser Unternehmen würden bei einem Brexit ohne Austrittsvertrag mit der EU Investitionen in andere EU-Länder verlagern.

Das Brexit-Chaos belastet nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) die deutsche Wirtschaft massiv. Der Verband rechne mit einem halben Prozent weniger Wirtschaftsleistung in Deutschland, wenn Großbritannien ohne Vertrag aus der EU austrete, sagte BDI-Präsident Dieter Kempf den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" vom Samstag. Das wären allein in diesem Jahr etwa 17 Milliarden Euro weniger Wirtschaftskraft. Jedes vierte Unternehmen mit Geschäftsverbindungen nach Großbritannien müsse bei einem harten Brexit Stellen streichen. Der BDI vertritt gebündelt die Interessen deutscher Unternehmen, die Mitglied des Verbandes sind.

Derzeit mache sich eine quälende Unsicherheit in der Wirtschaft breit. Diese unklare Lage trübe die Stimmung ein, vergraule Investoren und koste Arbeitsplätze, das schade auch dem Wachstum. Kempf forderte die britische Politik auf, den Brexit-Prozess schnellstmöglich abzuschließen. Der beste Weg sei dabei nach wie vor das mit der EU vereinbarte Austrittsabkommen. Dieses hatte das britische Parlament jedoch am Freitag zum dritten Mal zurückgewiesen.

Sorgenvoll äußerte sich auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. Zwölf Prozent der deutschen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen nach Großbritannien planen, nach dem Brexit weniger in Großbritannien zu investieren und die Investitionen dafür nach Deutschland oder in andere EU-Länder zu verlagern.

Seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 seien die deutschen Exporte nach Großbritannien laut DIHK um mehr als fünf Prozent zurückgegangen. Die deutschen Exporte in andere EU-Länder seien dagegen im gleichen Zeitraum um mehr als elf Prozent gewachsen. Schon jetzt bezeichne in der DIHK-Umfrage nur noch jedes fünfte der befragten Unternehmen mit Beziehungen nach Großbritannien seine Geschäfte dort als gut. 70 Prozent der Betriebe gingen für 2019 von einer weiteren Verschlechterung aus. Drei Viertel der Unternehmen erwarteten zusätzliche Zollbürokratie.

Die erwartet auch Schweitzer: "Bereits in wenigen Tagen droht erhebliche Brexit-Bürokratie und der Abriss von Lieferketten, in die das Vereinigte Königreich eingebunden ist", so Schweitzer. Zusätzlich würden deutschen Unternehmen jährlich mehr als zehn Millionen Zollanmeldungen drohen, außerdem kosteten die Zölle mehrere Milliarden Euro. Die deutschen Unternehmen mahnte er, es sei nun allerhöchste Zeit, sich vorzubereiten.

Am meisten wird der Brexit den Briten selbst schaden. Die Einkommen in Großbritannien würden bei einem Brexit ohne Vertrag um 2,4 Prozent sinken, absolut sind das 57 Milliarden Euro, besagt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Menschen in Deutschland würden nur 0,3 Prozent der Einkommen verlieren, das sind immer noch fast 10 Milliarden Euro.

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