NRW und Baden-Württemberg:Irrfahrt in Essen löst groß angelegten Anti-Terror-Einsatz aus

Irrfahrt eines Autofahrers in Essener Innenstadt

Ein 19-Jähriger Tadschike wurde am Freitag festgenommen. Ersoll mehr als eine Stunde lang schnell in einem Kreisverkehr gefahren und durch eine Fußgängerzone gerast sein.

(Foto: dpa)
  • Wegen vermuteter Vorbereitungen eines Anschlags durch eine mutmaßliche Zelle des Terrornetzwerkes "Islamischer Staat" (IS) durchsuchte die Polizei zahlreiche Objekte.
  • Die Polizei war alarmiert, weil ein Tadschike am Freitag in Essen wild umhergerast war. Das hat aber wohl gar nichts zu tun mit den mutmaßlichen Vorbereitungen eines Anschlags.

Von Christian Wernicke, Essen

Wegen vermuteter Vorbereitungen für einen Sprengstoff-Anschlag durch eine mutmaßliche Zelle des Terrornetzwerkes "Islamischer Staat" (IS) setzte die NRW-Polizei von Freitag bis Samstagmorgen Hunderte Polzisten in Marsch. Die Beamten, darunter Sprengstoffexperten und andere Spezialeinheiten, durchsuchten mehr als ein Dutzend Wohnungen und Zielobjekte in zehn Städten. Samstagmittag dann die vorläufige Entwarnung: Bei der Großrazzia wurden weder Waffen noch Sprengstoff gefunden.

Es reichte nicht einmal für einen einzigen Haftbefehl. Alle elf zunächst festgenommenen Männer, zumeist Tadschiken im Alter von 22 bis 35 Jahren, wurden auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wieder freigelassen.

Ausgelöst hatte den plötzlichen Großeinsatz eine halsbrecherische Irrfahrt durch die Essener City: Ein 19-Jähriger hatte sich am Freitagvormittag den Opel Astra seines Vaters geschnappt und war damit unter anderem durch die Essener Fußgängerzone gerast. Dabei wurde zwar niemand verletzt, auch konnte der Fahrer nahe des Rathauses festgenommen werden. Er war offenbar psychisch krank. Aber die Anti-Terror-Ermittler alarmierte die Nachricht von der Fast-Amokfahrt zutiefst. Der Mann am Steuer war Tadschike.

Seit Tagen beobachtete die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, die in NRW zugleich als Zentralstelle zur Terrorismusverfolgung dient, eine Gruppe zumeist tadschikischer Männer. Der Verdacht der Ermittler war gravierend: Entweder als IS-Zelle oder als bloße Sympathisanten der Terrormiliz könnten sich die Männer Waffen und Sprengstoff beschafft haben. Ihre mutmaßliche Absicht: ein Terrorattentat in Deutschland. Wer wie und wann zuschlagen wollte, das wussten die Anti-Terror-Ermittler nicht. Aber der Fall in Essen nährte die Vermutung: Es geht los.

Die Ermittlungsbehörden sahen Gefahr - und schlugen früher zu als geplant. Im baden-württembergischen Ulm, vor allem aber in fast allen Ecken NRWs (Düsseldorf, Essen, Wuppertal, Duisburg, Mönchengladbach Castrop-Rauxel, Dülmen, Selfkant, Lotte und Leichlingen) wurden Wohnungen, Keller und Autos von Verdächtigen durchsucht. Die Polizei befürchtete bewaffnete Gegenwehr, weshalb mancherorts zuerst Spezialkräfte die Haustüren aufbrachen. Später durchstöberten auf Sprengstoff spezialisierte Spürhunde die Objekte. Nirgendwo fanden sich Waffen oder Sprengstoff.

Also ordnete die Generalstaatsanwaltschaft am Samstag an, alle elf Festgenommenen freizulassen. "Aber die Ermittlungen gehen weiter", betont Behördensprecher Daniel Vollmert. Die Beamten hätten etliche Computer und Handys sichergestellt, die nun ausgewertet würden. Geklärt ist inzwischen nur, dass es keine Verbindung gab zwischen den fortlaufendem Untersuchungen samt Razzia und deren Auslöser, dem Raser von Essen.

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