Partnerschaft:Sie sucht ihn - am besten nebenan

Dating-Portale

Wer die Liebe in der Ferne scheut, für den stellt sich wohl auch die Frage: Warum überhaupt das Haus verlassen für die Partnersuche?

(Foto: dpa)
  • Amerikanische Forscher haben Daten von 15 Millionen Kontaktaufnahmen analysiert.
  • In den USA endet die Partnersuche demnach an der Grenze zum benachbarten Bundesstaat.
  • Ein Münchner Sozialpychologe sieht das als Beleg für "Grenzen im Kopf".

Von Werner Bartens

Am schönsten sind Partnerschaftsanzeigen im Deutschen Ärzteblatt. Da sucht der Orthopäde "aus Raum 5" ebendort die christlich orientierte Kollegin. Die bulgarische Narkoseärztin ist zwar "im Raum 8" heimisch geworden, aber sie sehnt sich nach einem Chirurgen, der es ehrlich mit ihr meint; spätere Heirat nicht ausgeschlossen. Erstaunlich, da träumen Menschen von einer romantischen Zukunft zu zweit und preisen ihre Vorzüge als parkettsichere Jeanstypen zum Pferdestehlen - setzen sich aber auf der Suche nach der großen Liebe enge Grenzen von Postleitzahlbezirken oder Fachgebieten.

Experten für komplexe Systeme zeigen im Fachblatt Sociological Science, welchen geografischen Einschränkungen sich Menschen bei der Partnersuche im Internet freiwillig unterwerfen, obwohl zur Liebe ja eigentlich die Entgrenzung gehört. Letztlich landet man offenbar doch beim Typen von nebenan. Nachdem Mark Newman und Elizabeth Bruch von der University of Michigan einen Datensatz mit mehr als 15 Millionen Interaktionen einer Dating-Plattform analysiert hatten, staunten sie, wer auf welche Angebote antwortete. "Es ist naheliegend, dass der Partnermarkt geografische Ballungen aufweist", sagt Bruch. "Die klaren Grenzen haben uns aber doch überrascht."

In Kalifornien gibt es zwei Dating-Gebiete

So hielten sich viele amerikanische Suchende an die Grenzen ihres Bundesstaates, auch wenn sich Partner-Matches fanden, die zwar im Nachbarstaat, aber nahe ihrem Heimatort lebten. Texaner aus dem Norden waren anderen Texanern gewogen und antworteten seltener auf Angebote aus dem nahen Oklahoma, auch wenn der Weg nach Zentral-Texas weiter war. Kalifornien ließ sich in zwei getrennte Dating-Gebiete - Nord und Süd - unterteilen. In Kansas, Nebraska, Missouri und Arkansas waren Vorbehalte gegenüber Nachbarstaaten geringer, vielleicht weil man in diesen dünn besiedelten Regionen froh sein muss, überhaupt jemanden zu finden. "Womöglich gibt es psychologische Grenzen", so Newman. "Jemanden aus anderen Bundesstaaten zu daten, geht dann buchstäblich zu weit."

Wie das entlang der Landesgrenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg aussieht oder ob sich Menschen aus den Postleitzahlbezirken 8 und 9 im Internet finden oder ignorieren, muss die Forschung noch klären. "Landesgrenzen sind oft auch Grenzen im Kopf", sagt der Münchner Sozialpsychologe Dieter Frey. "Mit dem eigenen Land, zum Beispiel Bayern, fühlt man sich wohler. Dahinter steht die Frage: Ist das jemand von denen oder von uns? Im letzteren Fall kann ich besser kommunizieren, und das Risiko, abgelehnt zu werden, ist geringer."

Die Liebe führt emotional oft in heikle Regionen, da ist das Bedürfnis nach Vertrautem groß. "Der oder die Neue ist fremd genug; wenn sich etwas anbahnt, muss es nicht auch noch eine fremde Gegend sein", sagt Sozialpsychologe Frey. "Man erhofft sich heimatnah eine größere Nähe der Mentalität." Wem solches Sicherheitsdenken fremd ist, der mag wohnortnahe Partner ignorieren und Abenteuer in der Fremde suchen. Irgendwann wird man in der Liebe allerdings auf sich selbst zurückgeworfen - da kann man gleich fußläufig nach dem Glück Ausschau halten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: