Elektromobilität:Die Roller kommen

Es wird wohl bald enger auf Rad- und Gehwegen in Deutschland: Das Kabinett in Berlin hat die Verordnung für E-Scooter beschlossen. Die neuen Regeln im Überblick.

Von Christina Kunkel

Elektromobilität: Elektroroller sind in verschiedenen Ländern bereits erlaubt, wie hier in Spanien. Doch nach einigen Unfällen werden die Regelungen dort verschärft. In Deutschland ist die Zulassung umstritten.

Elektroroller sind in verschiedenen Ländern bereits erlaubt, wie hier in Spanien. Doch nach einigen Unfällen werden die Regelungen dort verschärft. In Deutschland ist die Zulassung umstritten.

(Foto: Gabriel Bouys/AFP)

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Verordnung zur Zulassung von Tretrollern mit Elektromotor in Deutschland beschlossen. Nun muss noch der Bundesrat zustimmen, er entscheidet voraussichtlich am 17. Mai. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will, dass die E-Scooter noch im Frühjahr legal auf deutschen Straßen unterwegs sein dürfen. Er sieht in den elektrischen Tretrollern ein großes Potenzial für umweltfreundliche Mobilität in deutschen Städten - als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr und als "echte zusätzliche Alternative zum Auto". Umstritten ist vor allem, dass langsamere E-Scooter auch auf Gehwegen fahren sollen. In einem früheren Entwurf der Verordnung war davon noch keine Rede. Dies erhöht nach Ansicht von Kritikern die Gefahr von Unfällen. In anderen europäischen Ländern und in den USA sind derartige Fahrzeuge bereits zugelassen. Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten:

Welche Roller fallen unter die neue Regelung?

Konkret geht es um "Elektrokleinstfahrzeuge", die sechs bis 20 Kilometer pro Stunde schnell fahren können und eine Lenk- oder Haltestange haben. Sie dürfen höchstens 70 Zentimeter breit sein, 1,40 Meter hoch und zwei Meter lang. Maximalgewicht ohne Fahrer: 55 Kilogramm.

Wo dürfen sie fahren?

Das kommt darauf an, wie schnell der Elektro-Tretroller ist. E-Scooter zwischen zwölf und 20 Kilometer pro Stunde dürfen laut Verordnung auf Radwegen oder Radfahrstreifen unterwegs sein. Nur wenn diese fehlen, darf die Fahrbahn genutzt werden. Langsamere Roller, die weniger als zwölf Kilometer pro Stunde erreichen, müssen auf Gehwegen und gemeinsamen Geh- und Radwegen fahren. Gibt es diese nicht, dürfen sie innerorts auf die Fahrbahn ausweichen.

Wer darf einen E-Scooter benutzen?

E-Roller, die höchstens zwölf Stundenkilometer fahren können, sind bereits für Jugendliche ab zwölf Jahren erlaubt - schnellere Scooter vom vollendeten 14. Lebensjahr an. Eine Mofa-Prüfbescheinigung oder eine Helmpflicht gibt es nicht. Vorgeschrieben ist eine Haftpflichtversicherung samt Versicherungsaufkleber mit Anti-Fälschungs-Hologramm hinten am Fahrzeug. Die zusammenklappbaren Geräte dürfen in Bussen und Bahnen mitgenommen werden.

Welche Anforderungen müssen die Roller erfüllen?

Pflicht sind zwei unabhängig voneinander wirkende Bremsen und eine Beleuchtung, die auch abnehmbar sein darf. Ebenfalls vorgeschrieben sind seitliche Reflektoren und mindestens eine "helltönende Glocke". Steuer-Elemente für den Motor wie Drehgriffe oder Knöpfe müssen binnen einer Sekunde automatisch in Nullstellung zurückspringen, wenn sie losgelassen werden. Die Standflächen sollten rutschfest sein. Anhänger sind tabu.

Welche Regeln gelten sonst noch?

E-Kleinstfahrzeuge müssen einzeln hintereinander fahren. Anhängen an andere Fahrzeuge und Freihändigfahren sind nicht erlaubt. Auf mehrspurigen Fahrbahnen gilt das Gebot, möglichst weit rechts zu fahren. Auf Gehwegen haben Fußgänger klar Vorrang und dürfen "weder behindert noch gefährdet" werden. Dort und in Fußgängerzonen ist nur Schritttempo zulässig. Auf Radwegen müssen schnellere Radler "ohne Behinderung" zum Überholen vorbeigelassen werden. An der Ampel gelten für E-Gefährte mit weniger als zwölf Stundenkilometern die Fußgängerzeichen. Generell werden sie nicht geparkt, sondern wie Fahrräder abgestellt.

Wie sind die Erfahrungen in anderen Ländern?

In den USA sind E-Scooter schon länger erlaubt, genauso wie in mehreren europäischen Ländern. Firmen wie Bird, Lime und Spin bieten die Tretroller im großen Stil zum Leihen an. Das sorgt immer wieder für Ärger. Vergangenes Jahr hatten die Anbieter Tausende Kickscooter im Stadtgebiet von San Francisco verteilt - über Nacht und ohne Erlaubnis der Behörden. Die Scooter-Welle schwappte in weitere US-Städte, schließlich lagen die Roller überall herum, verstellten Eingänge und Gehwege, wurden so zu Stolperfallen und sorgten für Zusammenstöße. Weil sich Unfälle mit den E-Scootern häufen - auch schwere und solche mit Todesfolge - haben Krankenhäuser in Kalifornien begonnen, Daten darüber zu erheben. Anwälte und Großkanzleien spezialisieren sich inzwischen auf Scooter-Unfälle.

Was kostet ein E-Scooter?

Weil die Elektro-Tretroller in vielen anderen Ländern bereits zugelassen sind, gibt es schon zahlreiche Anbieter auf dem Markt. Die günstigsten Scooter liegen bei rund 300 Euro, allerdings müssen alle Modelle erst noch nach der neuen Verordnung zugelassen werden. BMW hat bereits seit Februar den X2City mit einer erweiterten Mofa-Zulassung auf dem Markt, den der Autohersteller zusammen mit Kettler entwickelt hat. Preis: 2500 Euro. Die Reichweite der verschiedenen Modelle liegt meistens zwischen 15 und 30 Kilometern.

Welche Promillegrenze gilt bei der Fahrt mit einem Elektro-Tretroller?

E-Scooter werden in dieser Frage anders behandelt als E-Bikes. Bei Elektrofahrrädern, deren Motor den Fahrer bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern unterstützt, gilt eine Obergrenze von 1,6 Promille. Dagegen fallen Elektro-Tretroller gesetzlich unter die Vorschriften für Kraftfahrzeuge. Das bedeutet, dass für deren Fahrer die gleichen Regeln gelten wie für Autofahrer: Fahranfänger dürfen gar keinen Alkohol trinken, wenn sie mit einem E-Scooter unterwegs sind, für alle anderen Fahrer gilt eine Obergrenze von 0,5 Promille.

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