CDU:Die Chefin muss jetzt zeigen, wo sie wirklich steht

CDU And CSU Approve Joint Policy Platform For European Elections

Annegret Kramp-Karrenbauer ist auf konservative CDU-Mitglieder und auf die CSU zugegangen, was klug war. Nun aber sollte sie sich auch wieder um die Liberalen in der CDU kümmern.

(Foto: Getty Images)

Liberale in der CDU befürchten, dass Kramp-Karrenbauer die Partei nach rechts rückt. Ganz so einfach ist es nicht. Richtig ist aber: Die neue Chefin sollte ihren Kurs der Unschärfe beenden.

Kommentar von Robert Roßmann, Berlin

Viele Liberale in der CDU beschäftigt die Frage schon seit einigen Wochen: Schiebt die neue Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ihre Partei zu weit nach rechts? Die jüngsten Umfragen, in denen die Union bei 30 Prozent stagniert und die eine schwindende Popularität der neuen Vorsitzenden ausweisen, scheinen die Sorge zu bestätigen. Am Freitag trifft sich die "Union der Mitte", ein bisher loser Gesprächskreis liberaler Christdemokraten, zum ersten Mal in Berlin, um über die Lage zu beraten.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter hat seine Sicht schon vorab deutlich beschrieben: Mit ihrem aktuellen Kurs verlasse die CDU die Mitte, nehme sich damit Koalitionsoptionen - und stärke die Grünen. Das zeige, dass der Kurs von Angela Merkel "weise" gewesen sei. Schadet Kramp-Karrenbauer mit ihrem Weg also der CDU?

Sie ist auf die zahlreichen Merz-Wähler zugegangen, das war klug und notwendig

Nun, ganz so einfach ist es nicht. Was Annegret Kramp-Karrenbauer nach dem Parteitag im Dezember gemacht hat, war so klug wie notwendig. Sie ist vor allem auf die zugegangen, die sie nicht gewählt haben. Friedrich Merz hatte aus dem Stand fast 50 Prozent der Delegierten hinter sich gebracht, die Enttäuschung seiner Anhänger über die Niederlage war gewaltig. In der CDU befürchteten viele zu Recht, dass die knappe Entscheidung über den Vorsitz enorme Friktionen in der Partei auslösen könnte. Dass sich Kramp-Karrenbauer deshalb zunächst besonders um den Wirtschaftsflügel und die Konservativen in ihrer Partei gekümmert hat, war richtig.

Das gilt auch für ihre Gesten in Richtung CSU. Kramp-Karrenbauer ist noch während ihres Winterurlaubs nach Kloster Seeon zur Klausur der Christsozialen gereist. Und sie hat in der Flüchtlingspolitik mit ihrem "Werkstattgespräch" eine Bereitschaft zur Debatte über das Thema gezeigt, wie es sie unter Merkel nicht gegeben hat. Mit all dem ist es der neuen CDU-Chefin gelungen, eine Spaltung ihrer Partei zu vermeiden und die Risse zwischen CDU und CSU zu kitten. Geholfen haben ihr dabei das schlechte Bundestagswahlergebnis und die daraus sogar bei der CSU gewonnene Einsicht, dass überzogener Streit der Union schadet; das schmälert aber nicht die Leistung Kramp-Karrenbauers. Nur eine geeinte Union kann bei den anstehenden Wahlen erfolgreich sein.

Richtig ist allerdings auch, dass die neue CDU-Chefin jetzt an einer wichtigen Wegmarke angekommen ist. Die Erstversorgung der in jahrelangen Konflikten wundgeriebenen Unionsparteien ist abgeschlossen. Konservative, Wirtschaftsflügel und Schwesterpartei im Süden haben Vertrauen in die neue CDU-Chefin gefasst. Aber jetzt muss sich Kramp-Karrenbauer auch wieder um die Liberalen in ihrer Partei kümmern. Und vor allem muss sie zeigen, wo sie wirklich hin will.

Die neue CDU-Chefin bestreitet, ihre Partei nach rechts rücken zu wollen. Aber mit ihrer Erklärung, Grenzschließungen seien als "Ultima Ratio" denkbar, oder mit Forderungen wie der nach Anschaffung eines europäischen Flugzeugträgers hat sie Signale gesetzt, die als Rechtsverschiebung wahrgenommen werden. Die Ultra-Konservativen von der Werte-Union glauben bereits, Oberwasser zu haben.

Auch deshalb wird Kramp-Karrenbauer jetzt ihren Kurs der Unschärfe beenden und deutlich machen müssen, dass sie die Mitte tatsächlich nicht aufgeben will. Ansonsten bekäme Roderich Kiesewetter mit seiner Prognose doch noch recht.

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Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer

Leserdiskussion
:Schadet Kramp-Karrenbauer mit ihrem Weg der CDU?

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