Protest via Twitter:Hilferuf der weltbesten Handballer

Deutschland - Norwegen

Auch er protestiert gegen die Terminhatz im Handball: Uwe Gensheimer.

(Foto: Soeren Stache/dpa)
  • Die besten Handballerinnen und Handballer der Welt protestieren in einem Video gegen die Überlastung der Spieler.
  • Der deutsche Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer beteiligt sich an der Aktion, ebenso der dänische Welthandballer Mikkel Hansen.

Von Carsten Scheele

Das Video ist eine Minute und 43 Sekunden lang - und es ist ein Hilferuf. Einige der prominentesten Handballspieler der Welt treten darin auf: der deutsche Nationalmannschafts-Kapitän Uwe Gensheimer, die rumänische Welthandballerin Cristina Neagu, der Franzose Nikola Karabatić, der dänische Welthandballer Mikkel Hansen.

Sie alle sprechen in Englisch und mit ruhiger Stimme, ihre Botschaft ist klar: Wir, die besten Handball-Spieler, müssen zu viele Spiele absolvieren. Das Pensum ist zu hoch - es geht bald nicht mehr. "Hört auf die Spieler", wiederholen sie, "spielt nicht mit uns."

Es ist viel geschrieben worden über die Terminhatz im deutschen und internationalen Handball. Zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Deutschland, als die Nationalspieler der Mannschaften, die es ins Halbfinale schafften, bis zu zehn Spiele in 18 Tagen absolvieren mussten - und etliche Spieler schlimme Verletzungen zu beklagen hatten. Für alle, die gesund geblieben sind, gab es nach der WM ein paar Tage Pause. Dann ging es weiter: in der Bundesliga, in der Champions League.

"Die Folgen sind zahlreich und unverantwortlich", sagt Karabatic

Gerade die Nationalspieler, die mit ihren Vereinen in der Bundesliga und in der Champions League aktiv sind (und dort weit kommen), erreichen schnell die Anzahl von 70 bis 80 Spielen pro Saison. Ein Pensum, das im Fußball oder anderen Mannschaftssportarten niemals denkbar wäre. "Fast schon krank", sagte der deutsche Nationalspieler Patrick Groetzki nach der WM, und beugte sich trotzdem dem verabredeten Spielplan.

Nun melden sich einige der prominentesten Spieler zu Wort, mit einem Video, das unter dem Hashtag #DontPlayThePlayers große Verbreitung im Internet findet. Es ist eine koordinierte Aktion der Europäischen Handballspieler-Union (EHPU); weil die Spieler gemerkt haben, dass einzelne Proteste, die es in der Vergangenheit durchaus gab, etwa von Nationalspieler Hendrik Pekeler, nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben. Stattdessen wird die Situation noch verschlimmert: Die Europameisterschaft 2020 in Schweden, Norwegen und Österreich wird mit 24 statt zuvor 16 Team gespielt, die kommende WM 2021 in Ägypten sogar mit 32 Mannschaften.

"Entscheidungen werden getroffen, ohne die Arbeitsbelastung der Spieler und ihre Auswirkungen auf ihre körperliche und geistige Integrität zu berücksichtigen", mahnt etwa der Kroate Luka Stepančić, einer der besten Rückraumspieler der Welt. Karabatić ergänzt: "Die Folgen sind zahlreich und unverantwortlich für die Gesundheit der Spieler und sie sind am Ende schlecht für unseren Sport." Von ihm stammt auch das Zitat, das die Misere der Handballer am besten zusammenfasst: "Im Handball bekommst du frei, wenn du verletzt bist."

Besonders in der Bundesliga scheint ein Umdenken angebracht. Hier herrscht die Sondersituation, dass die Meisterschaft arg umkämpft ist - die Liga ist ausgeglichen, fast jede Mannschaft kann die Topteams schlagen. Leichtere Spiele, bei der die Trainer ihre besten Spieler schonen können, gibt es fast nicht. Auch deshalb sind etliche Topspieler in den vergangenen Jahren nach Polen oder Ungarn gewechselt. Weil sie mit den dortigen Mannschaften ebenfalls die Champions League gewinnen können - in der Liga aber Ruhepausen erhalten.

"Wir sind im zehnten Jahr mit dem Thema unterwegs. Die Erfolge sind überschaubar", sagt der deutsche EHPU-Vizepräsident Marcus Rominger, selbst mehrere Jahre Bundesliga-Torwart, der dpa. Die Hoffnung ist, dass dieses prominent besetzte Video etwas mehr bewirkt.

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