Brexit:Labour-Gruppe: Corbyn sollte auf May zugehen

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  • 25 Labour-Abgeordnete fordern ihren Parteichef Corbyn auf, auf May zuzugehen.
  • Das britische Oberhaus debattiert derweil über ein Gesetz, das die Regierung zu einem weiteren Brexit-Aufschub zwingen soll.
  • Sollte der Gesetzesentwurf verabschiedet werden, wäre eine Verschiebung des Brexit über den 22. Mai hinaus - inklusive einer Teilnahme an der Europawahl - möglich.

Während sich in Großbritannien die Verhandlungen zwischen Premierministerin Theresa May und Oppositionsführer Jeremy Corbyn weiter hinziehen, bezieht eine Gruppe von 25 Labour-Abgeordneten klar Position. Die Parlamentarier fordern ihren Parteichef Corbyn auf, auf May zuzugehen, wenn es die Chance auf einen Brexit-Deal gibt. "Wir sollten den zusätzlichen Schritt tun, um dies zu sichern", heißt es in einem gemeinsamen Schreiben. "Eine Verzögerung von mehreren Monaten in der Hoffnung auf ein zweites Referendum wird das Land einfach weiter spalten und die Unsicherheit für die Wirtschaft erhöhen."

Das britische Oberhaus debattiert derweil über ein Gesetz, das die Regierung zu einem weiteren Brexit-Aufschub zwingen soll. Der Gesetzesvorschlag hatte am Mittwoch im Eilverfahren alle drei Lesungen im Unterhaus durchlaufen und war mit einer Stimme Mehrheit gebilligt worden. Die Parlamentarier hinter dem Gesetzesvorschlag zum Aufschub wollen nun sicherstellen, dass die Länge der Brexit-Verschiebung in jedem Fall vom Unterhaus abgesegnet werden muss. Damit könnten sie gegen den Willen der Premierministerin eine Verschiebung über den 22. Mai hinaus - inklusive einer Teilnahme an der Europawahl - durchsetzen.

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Während sich das Oberhaus mit dem weiteren Vorgehen zum Brexit beschäftigte, musste das Unterhaus eine Sitzung zur Steuerpolitik wegen eines Wasserlecks abbrechen: Es regnete durch das Dach. "Vermutlich ist das eine Art Symbol dafür, wie kaputt das Parlament aus der Sicht von vielen Menschen ist", schrieb der Abgeordnete Justin Madders auf Twitter. "Ich höre, wie der Regen durch das Dach tropft. Das Parlament ist wirklich zerbrochen." Und die Tory-Abgeordnete Julia Lopez fragte: "Ist das die Sintflut, die uns alle wegspülen wird?"

Theoretisch könnte der Gesetzesentwurf zum Brexit-Aufschub noch am Donnerstag vom House of Lords verabschiedet werden. Das Oberhaus gilt als überwiegend proeuropäisch, daher wird mit einer Mehrheit gerechnet. Fraglich ist aber, ob der Gesetzgebungsprozess durch Änderungsanträge und das sogenannte Filibustering aufgehalten werden könnte. Darunter versteht man eine Verschleppungstaktik durch überlanges Reden.

Jeremy Corbyn in seinem Büro im Londoner Parlament (Foto: AFP)

Mays Sprecher sagte über den Vorschlag: "Wir sind enttäuscht, dass Abgeordnete beschlossen haben, die Gesetzesvorlage zu unterstützen." Die Premierministerin hatte am Dienstag bereits angekündigt, eine Verlängerung der Austrittsfrist beantragen zu wollen. Bislang ist geplant, dass das Land die Europäische Union am 12. April verlässt. May will eine Verschiebung bis zum 22. Mai erreichen. Eine Teilnahme an der Europawahl, die vom 23. bis 26. Mai stattfindet, will sie damit umgehen.

Offen ist, ob sich die übrigen EU-Staats- und Regierungschefs auf Mays Vorschlag einlassen. Sie wollen am kommendem Mittwoch, 10. April bei einem Sondergipfel darüber beraten, wie es beim Brexit weitergeht. Eine Verlängerung der Brexit-Frist müssen die verbleibenden 27 Mitgliedstaaten einstimmig billigen.

Die Sorge vor einem chaotischen Brexit treibt auch Irlands Regierungschef Varadkar um. Er trifft sich an diesem Donnerstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Dublin. Varadkar fürchtet für den Fall eines Brexits ohne Austrittsabkommen, dass wieder Grenzkontrollen zwischen seinem Land und dem britischen Nordirland eingeführt werden müssen. Sollten Kontrollen zwischen beiden Teilen Irlands nötig werden, wird neue Gewalt in der Ex-Bürgerkriegsregion befürchtet. Mit dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der Zollunion scheinen die Kontrollen aber kaum vermeidbar.

© SZ.de/dpa/Reuters/saul - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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