Dokumentation:Extrem schön - und extrem stark in Gefahr

Dokumentation: Ein Dschungel auf Neubritannien, Papua-Neuguinea.

Ein Dschungel auf Neubritannien, Papua-Neuguinea.

(Foto: Huw Cordey/Silverback/Netflix)

"Unser Planet" ist eine der aufwendigsten Naturdokumentationen, die je produziert wurde - und zeigt die Widerstandsfähigkeit der Natur gegen ihren Feind, den Menschen.

Von Titus Arnu

"Nepenthes Rajah" sieht aus wie ein buntes Klo mit aufgeklapptem Deckel. Die fleischfressende Kannenpflanze wächst im Regenwald von Borneo und verfolgt eine heimtückische Strategie. Auf dem Oberteil, sozusagen dem Klodeckel, produziert sie süßen Nektar, der Insekten und kleine Säugetiere anlockt. Die Opfer rutschen ab, landen in einer 80 Zentimeter langen, kannenförmigen Falle und werden langsam verdaut - kein schöner Tod. Auch größere Tiere, die gar nicht in die Kanne passen, trickst die Pflanze aus: Tierfilmer haben dokumentiert, wie ein Hochlandspitzhörnchen auf dem Kannenrand balanciert, um Nektar zu lecken. Das Hörnchen wird nicht von der Pflanze vernascht, doch der Kot des Besuchers liefert ihr wertvolle Nitrate.

Die bizarre Toiletten-Szene ist in der neuen Dokuserie Unser Planet zu sehen, es ist nicht mal die erstaunlichste Episode aus dem Reich der Natur. Kameras fingen zum Beispiel ein, was ein Paradiesvogel alles anstellt, um einem Weibchen zu gefallen - er formt sein Federkleid zu Kegeln und Kugeln, lässt seinen Kopfschmuck wackeln, zieht eine grandiose Travestieshow ab. In Patagonien sind Tölpel dabei zu beobachten, wie sie sich beim Fischfang so gar nicht tölpelhaft anstellen. Zwei Jahre lang versteckten sich Tierfilmer in der Taiga, um einen Sibirischen Tiger beim Spazierengehen zu filmen.

Unser Planet ist eine der aufwendigsten Naturdokumentationen, die je produziert wurde. Qualität und Anspruch sind vergleichbar mit den BBC-Reihen Unser blauer Planet oder Planet Erde, was nicht verwundert, denn Netflix hat zum Teil dieselben Leute verpflichtet, etwa den Regisseur Alastair Fothergill. Vier Jahre lang drehten mehr als 600 Crewmitglieder in hochauflösender 4K-Ultra-HD-Technik in 50 Ländern. In der ersten von acht Folgen geht es vom Amazonas-Regenwald bis zu den Gletschern in Grönland, weitere Episoden konzentrieren sich auf Lebensräume wie Küstenmeer, Hochsee, Süßwasser und Wälder. In Zusammenarbeit mit dem WWF und Silverback Films entstand eine grandiose Serie, die nicht nur mit beeindruckenden Landschaftsaufnahmen und wunderschönen Tierdarstellungen überzeugt, sondern auch mit ihrer Botschaft: Das Leben auf der Erde ist extrem vielfältig, extrem schön - und extrem stark in Gefahr.

"Die Zukunft allen Lebens auf unserem Planeten hängt davon ab, ob wir bereit sind, jetzt zu handeln", schreibt David Attenborough im Vorwort des Begleitbuchs ("Unser Planet", DuMont). Der berühmte Naturhistoriker spricht das englische Original, die deutsche Fassung Christian Brückner. Mit eindringlichen Stimmen ermahnen sie das Publikum zum Umdenken: "In nur 40 Jahren hat sich die Zahl der Wildtiere halbiert, und in allen Regionen der Welt schwindet die Artenvielfalt, alles eine Folge unseres Lebenswandels. Es ist eine globale Katastrophe." Das wirklich Großartige an der Serie ist aber ihr idealistischer Spirit. Denn Unser Planet zeigt auch, wie widerstandsfähig die Natur ist und wie schnell sie sich erholt, wenn ihr schlimmster Feind sich zurückzieht - der nun mal der Mensch ist.

Unser Planet, bei Netflix*

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