Die Lebensmitteltechnikerin:"Lebensmittel unterliegen dem Zeitgeist wie kaum ein anderes Produkt"

Lesezeit: 2 min

Lena Groll, 39, entscheidet, welche Produkte im Kühlregal stehen. (Foto: Manuel Debus; Bearbeitung SZ)

Lena Groll findet heraus, welcher Joghurt Deutschen, Franzosen und Italienern am besten schmeckt. In der Serie "Meine Karriere" berichtet sie von Trends im Kühlregal und Frustration bei der Forschung.

Protokoll von Felicitas Wilke

"Der perfekte Joghurt schmeckt in jedem Land ein bisschen anders. Die Deutschen essen ihn am liebsten cremig gerührt, die Franzosen mögen es stichfest. In Italien muss er intensiv schmecken: Da soll die Erdbeere in der Nase brummen! Meine Aufgabe ist es, Milchprodukte zu entwickeln, die zum jeweiligen Land und Leben der Menschen passen. Ich bin bei Danone und für den Bereich "Research and Innovation" in fünf Ländern verantwortlich.

Zusammen mit meinem Team entscheide ich, welche neuen Produkte schließlich im Kühlregal stehen. Schon als Kind habe ich gern mit meinen Großmüttern gekocht. Die eine war Köchin, die andere hatte einen großen Kräuter- und Gemüsegarten - gemeinsam haben wir Pilze und Heidelbeeren gesammelt und Knödel gemacht. Als ich später im Biologieunterricht gelernt habe, wie Fermentation funktioniert, also die Umwandlung organischer Stoffe durch Mikroorganismen, hat mich das total fasziniert.

Ich habe dann Lebensmitteltechnologie und Ernährungswissenschaften studiert und hätte mir nichts anderes als Beruf vorstellen können. Bis heute nicht. In meinem Job habe ich die Lebensmitteltrends immer im Blick. Darauf basierend entwickle ich Ideen, die dann von Verbrauchern getestet werden. Das kann eine ganz neue Marke sein oder einfach eine veränderte Geschmacksrichtung. Weil Lebensmittel wirklich jeden Menschen betreffen, unterliegen sie dem Zeitgeist wie kaum ein anderes Produkt. Gerade noch lag Cranberry im Trend, jetzt mögen alle Ingwer oder grünen Tee. Auf solche Trends gehe ich ein.

Um etwas wirklich Gutes zu entwickeln, braucht es viele Ideen. Am Ende stehen aber nur fünf Prozent wirklich im Supermarkt. Ein bisschen Frustrationstoleranz braucht es da schon, aber die habe ich. Wir müssen umdenken in der Lebensmittelindustrie. Eine kleine Revolution ist nötig. Der Verbraucher möchte inzwischen genau wissen, was im Essen oder im Getränk drin ist, wo es herkommt. Biolebensmittel sind immer noch voll im Trend - das ist eine weltweite Entwicklung. Wir reagieren darauf: Jedes Jahr reduzieren wir mit meinem Team in allen unseren Marken Schritt für Schritt den Zucker, zuletzt bei den 'Fruchtzwergen'.

Auch bei der Verpackung sind die Menschen anspruchsvoller geworden. Ein Joghurt soll auch von außen schön aussehen und dabei möglichst wenig Plastik verbrauchen. Wir arbeiten daran, Plastik zu reduzieren und Recyclingmaterial in unseren Folien besser einzusetzen. Wir haben einen guten Plan, aber alles auf einmal zu verändern, geht leider nicht, schließlich müssen wir auch wirtschaftlich bleiben. Unser Team besteht aus Ernährungsexperten und Lebensmittelingenieuren, die über ganz Europa verstreut sind.

Als Führungskraft ist es mir wichtig, zu lenken, zu lehren und zu lernen. Wenn deine Mitarbeiter morgens aufwachen und keine Lust haben, zur Arbeit zu kommen, dann macht man als Chef etwas falsch. Keiner sollte sich fragen müssen: 'Warum machen wir das überhaupt?' Es hilft natürlich, wenn man sein Produkt mag. Darum stehen bei uns in allen Büros Kühlschränke mit unseren Produkten, von denen wir uns bedienen können.

© SZ Plan W 6.4.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: