"Fridays for future"-Demos:"Die brauchen keine Belehrungen von uns"

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Aller Strafandrohung zum Trotz versammelten sich am vergangenen Freitag 1200 Schüler am Münchner Marienplatz zur Kundgebung. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Der Stadtrat will den Direktoren der Münchner Schulen auch in Zukunft keine Vorgaben machen, wie sie mit dem Unterrichtsausfall wegen der "Fridays for future"-Demonstrationen umgehen sollen.
  • Einen Bußgeld-Verzicht, wie ihn die Grünen für diese Fälle forderten, wird es nicht geben.
  • Bei einer Anzeige soll die Bußgeldstelle auch gegen "Friday for future"-Demonstranten vorgehen, sagt Münchens Stadtschulrätin Zurek.

Von Dominik Hutter

Die Direktive an die Direktoren bleibt aus: Der Stadtrat will den Münchner Schulen keine Vorgaben machen, wie sie mit den "Fridays for future"-Demonstrationen und dem damit verbundenen Unterrichtsausfall umgehen sollen. "Die brauchen keine Belehrungen von uns", befand SPD-Stadträtin Julia Schönfeld-Knor, und Stadtschulrätin Beatrix Zurek zeigt sich überzeugt: "Die pädagogische Kompetenz unserer Schulleiter ist gegeben."

Ernsthafte Probleme seien dem Bildungsreferat bislang nicht bekannt geworden - weder fühlten sich Schulen im Stich gelassen noch seien tatsächlich die angedrohten Bußgelder verhängt worden. Stattdessen werde sinnvoll und pädagogisch mit dem politischen Eifer der Schüler umgegangen, der ja prinzipiell wünschenswert sei. Für CSU-Bildungsexpertin Beatrix Burkhardt sind die aktuellen Vorgänge ein Lackmustest für die immer wieder angemahnte Autonomie der Schulen: "Jetzt haben wir sie."

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Damit lehnte das Stadtratsplenum Vorstöße sowohl der Grünen als auch des parteilosen Stadtrats Fritz Schmude (einst gewählt für die AfD) ab, die Vorgaben aus dem Rathaus beantragt hatten. Wenn auch mit unterschiedlicher Zielrichtung: Während die Grünen einen obligatorischen Verzicht auf Bußgelder sowie Nacharbeit in Umwelt- oder Klimaschutz-Arbeitsgruppen angeregt hatten, pochte Schmude auf strenge Sanktionen für Verstöße gegen die Schulpflicht. Die übrigens, daran lässt auch Stadtschulrätin Zurek keinen Zweifel, weiterhin gilt - schon wegen des Rechts auf Bildung, das man nicht vernachlässigen dürfe. Man habe aber eben "größtes Vertrauen in die Erfahrung und den Weitblick der verantwortungsvollen Pädagoginnen und Pädagogen". Alle bestehenden Handlungsoptionen würden einzelfallorientiert und differenziert angewandt.

Dazu gehört streng genommen auch das Bußgeld - ein auf der Bestrafungs-Skala eher spät angesiedeltes Instrument, mit dem in erster Linie mutwilliges Schulschwänzen, etwa für einen vorzeitigen Start in den Familienurlaub, geahndet werden soll. Die im Bildungsreferat angesiedelte Bußgeldstelle müsse in jedem Fall tätig werden, der von den Schulen angezeigt werde (im Kontext mit den Klima-Demos bislang kein einziger). Dann würden der Schüler, bei Unter-14-Jährigen die Eltern, schriftlich angehört, so Zurek. In der Regel würden je Fehltag zehn bis 35 Euro fällig, dazu kommen Gebühren von 28,50 Euro.

Diese Möglichkeit will Zurek auch weiterhin nicht prinzipiell ausschließen. Denn das ermuntere geradezu zum Schwänzen und gefährde das Vertrauen der Schulleitungen in die Bußgeldstelle. Zudem müsste wegen des Prinzips der Gleichbehandlung dann auch die Teilnahme an anderen Demos grundsätzlich ohne Bußgeld-Sanktion bleiben. Bei einer Anzeige, so Zurek, werde die Bußgeldstelle daher auch gegen Friday-for-future-Demonstranten vorgehen. Die Stadtschulrätin begrüßt es aber grundsätzlich, wenn die junge Generation ihre Grundrechte wahrnimmt, "für ihre Überzeugungen auf die Straße zu gehen und für eine positive Sache einzutreten".

Dies geht der überwiegenden Mehrheit des Stadtrats so. Kinder und Jugendliche hätten das Recht, für ihre eigene Zukunft einzutreten, betonte Grünen-Fraktionschefin Katrin Habenschaden, die derzeit politisch Verantwortlichen bildeten die letzte Generation, die die Klimakatastrophe noch verhindern könne. Auch Johann Altmann (Bayernpartei) begrüßte das politische Engagement der Schüler, mahnte aber an, dass jeder dazu seinen Beitrag leisten müsste. Es werde sich erst noch zeigen müssen, ob alle bereit seien, auch einmal auf typische Insignien des Wohlstands wie stromfressende Handys, Wlan oder auch den Computer zu verzichten. Eine Bemerkung, bei der Schönfeld-Knor entnervt den Kopf schüttelte: Man könne nun wirklich nicht gegenrechnen, welche moralischen Ansprüche ein Demonstrant mitzubringen habe.

Letztlich stimmte eine sehr große Mehrheit des Stadtrats für die Linie Zureks - ein letzter Versuch der Grünen, zumindest noch einen Brief mit Empfehlungen an die Direktoren abzuschicken, scheiterte. Ohnehin steht bald eine Pause an im Schwänz-Geschehen: die Osterferien.

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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