DFB:Der nächste Präsident darf nicht aus dem Fußball kommen

FILE PHOTO: German Football Museum opens Hall of Fame, a permanent exhibition honouring German soccer legends in Dortmund

Heute gibt es kein Foto für Reinhard Grindel.

(Foto: REUTERS)

Der Deutsche Fußball-Bund braucht neue Kandidaten aber vor allem eine neues Modell. Gerade angesichts des globalen Sumpfes muss der DFB untadelig sein.

Kommentar von Thomas Kistner

Reinhard Grindel ist seine üppig dotierten Ämter in den Fußballverbänden Deutschlands (DFB), Europas (Uefa) und der Welt (Fifa) los, sogar der Sturz ins Bodenlose droht. Strafbehörden und DFB-Ethiker ermitteln in Hinblick auf Annehmlichkeiten, die er sich leichthändig nebenbei gegönnt hat: Hier eine Luxusuhr, dort ein sprudelnder Nebenerwerbsquell. Über den einstigen Anti-Korruptionsbeauftragten des DFB und Compliance-Chef der Uefa lässt sich sagen: Er war der Falsche in diesen Ämtern.

Aber natürlich auch: Im Fußball war Grindel genau der Richtige. Denn hier ist er, national wie international besehen, keineswegs ein Ausnahmefall. Er hat nur seinen Teil beigesteuert zur Verdichtung einer tiefwurzelnden Affärenkultur.

Behörden und Medien schauen seit kurzem genauer hin. Prompt häufen sich die Skandale, weshalb nun auch der deutsche Fußball nicht gleich zur Tagesordnung wechseln und den nächsten Kameraden hervorkramen will: Er will innehalten. Eine veritable Strukturreform stellt die schon vertraute Interimsführung aus DFB-Vize Rainer Koch und Liga-Chef Reinhard Rauball in Aussicht. Erst danach soll eruiert werden, auf wen das neue Führungsprofil passen könnte. Das klingt gut, zumal bereits wieder Namen geraunt werden, die für das alte System stehen. Etwa der von Wolfgang Niersbach: Ging Grindels Vorgänger nicht gerade erst in der WM-2006-Affäre unter?

Eine untadelige Person für das Präsidentenamt

Richtig wäre, wenn Profi- und Amateurbereich im Zuge der Strukturreform ein Präsidenten-Casting vollzögen - und auch die Finanzfragen regeln. Soll der DFB-Chef haupt- oder ehrenamtlich sein? Für beide Modelle wäre ein Salär fällig, das den Verbandsobersten unabhängig macht von den Geldtöpfen der Fifa und der Uefa. Bisher wurden die DFB-Präsidenten in deren Vorstände entsandt. Dort wird man in nur einer Amtszeit Millionär: Rund 500000 Euro pro Jahr kassierte auch Grindel für diese Zusatzjobs, die mit ein paar Sitzungen abgearbeitet sind. Treffen, in denen Kostgänger aus aller Welt oft nur abnicken, was ihnen, just im Weltverband, der Boss kurz vor Tagungsbeginn verrät. Oder ganz vorenthält, wie im Fall des von Gianni Infantino betriebenen Ausverkaufs der Fifa-Rechte.

Auf diese Praxis ist das Augenmerk zu richten. Hier wirken die Millionensaläre wie Schweigegeld, wie eine Art Toleranzgebühr: Aktuell dafür, dass Infantino seine Schnapsidee von einer WM mit 48 Teams in Katar 2022 durchboxen kann. Nun steht gerade DFB-Vertretern die Rolle nicht zu, andere zu maßregeln. Andererseits ist dies im verlotterten Fußballgeschäft dringend notwendig, und das kann wohl nur von Vertretern ordentlicher Rechtsstaaten bewerkstelligt werden.

Daraus ergeben sich zwei Überlegungen: Es braucht fürs Präsidentenamt eine untadelige Person, die nicht den Fußballsümpfen entstammt; es geht ja um ein Amt, das - bei aller Belastung - kein Studium der Raketenwissenschaften erfordert. Zweitens braucht es die Trennung der nationalen und internationalen Rolle. Fachlich kreuzen sich hier ohnehin oft die Interessen. Solche Konflikte sollte nicht länger ein Funktionär mit seinem Gewissen austragen - warum nicht Sachwalter mit Expertise in jeweils einem dieser Bereiche? Wirtschaftlich gäbe so eine Aufteilung den Königsweg zu einer angemessenen Entlohnung vor. Ein DFB-Chef kann ja nicht nur ein Drittel dessen verdienen, was sein Außenminister in Uefa und Fifa kassiert. Deshalb gehört ein Großteil des Reibachs in die Verbandskasse. Auch stellt sich die Frage nach der Gegenleistung kaum. In Fußballsitzungen lässt sich viel bequemer dösen, als es Millionen Werktätigen bei der morgendlichen Zugfahrt zur Arbeit möglich ist.

So ein Modell könnte Schule machen. Und dafür sorgen, dass sich Funktionäre international stärker an den wahren Problemen orientieren, als an den Wünschen ihrer Zahlmeister in den Dachverbänden.

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