Bürgerengagement:Akribische Recherchen

Lesezeit: 2 min

Aufmerksame Spaziergänger können Relikte der NS-Zeit wie diesen Ein-Mann-Bunker im Süden Geretsrieds im Wald entdecken. (Foto: Felicitas Amler)

Der Arbeitskreis Historisches Geretsried legt den Fokus weiterhin auf die Rüstungswerke

Von Wolfgang Schäl, Geretsried

Der Schwerpunkt im Engagement des Arbeitskreises Historisches Geretsried (AHG) liegt nach wie vor auf der Dokumentation der beiden Rüstungswerke im ehemaligen Wolfratshauser Forst, auf heutigem Geretsrieder Gebiet. Dies geht aus dem Jahresbericht des Vereins hervor, dessen Mitglieder seit drei Jahren alle denkbaren Details zu den einstigen NS-Fabriken zusammentragen.

Die Ergebnisse sind in neun jeweils 80- bis 100-seitigen, mit viel Bildmaterial und Grafiken angereicherten Heften niedergelegt. Im Einzelnen geht es darin um die Finanzierung, Planung, Produktion und um die Arbeitsbedingungen in den beiden Werken. Beleuchtet wird aber auch ihre Entwicklung, von der Entstehung bis hin zur Zerstörung beziehungsweise bis zur Demontage der technischen Anlagen und Gebäude der Deutschen Sprengchemie (DSC) sowie der Dynamit-Nobel-AG (DAG) nach Kriegsende 1945. Zu den Autoren der Hefte zählt Friedrich Schumacher, der in der jüngsten Ausgabe nachweist, dass einige heute noch existierende Straßen und Wege in Geretsried nicht nur auf die NS-Vergangenheit zurückgehen, sondern schon seit 1918 als Forstwege existierten. Zwei der neun Hefte waren bald nach dem Erscheinen vergriffen, eines davon wurde nachgedruckt, ein weiteres ("Ortsplanung von Geretsried") kann als E-Book genutzt werden.

Gut weitergekommen ist dem Bericht zufolge auch der Aufbau des eigenen Archivs. Ein Raum in der Feuerwache Süd, den der Arbeitskreis bislang mit zwei anderen Organisationen teilen musste, steht für diese Zwecke dem Verein nun allein zur Verfügung. Der Raum wurde entsprechend möbliert, zwei Mitglieder entwickelten ein passendes Archivkonzept. Profitieren kann der Verein auch von der verbesserten Situation im Geretsrieder Stadtarchiv, das seit Ende vergangenen Jahres über eine Vollzeitkraft verfügt: Nadine Wickert baut das Archiv in neuen Räumen auf, die dann auch öffentlich zugänglich sein sollen. Bei den Vorstandswahlen im Verein wurden Wolfgang Pintgen und Werner Sebb für weitere drei Jahre als Sprecher bestätigt. Letzterer erhielt 2018 den Kulturpreis der Stadt Geretsried, die Laudatio für ihn hielt Friedrich Schumacher.

Ein Projekt, das der AHG im vergangenen Jahr in die Wege geleitet hat, ist die Bergung eines halb verfallenen, aus der Zeit der Rüstungswerke stammenden Ein-Mann-Bunkers. Falls die damit beauftragte Spezialfirma ein akzeptables Angebot unterbreitet, soll mit dem Kulturamt über einen geeigneten Standort verhandelt werden. Ein weiterer Punkt im Rechenschaftsbericht des Vereins: Zwei Mitglieder, Helmut Schmidmeier und Arthur Zimprich, haben sich jeweils mit einem Kapitel an einem Buch der Geretsrieder Architekturhistorikerin Kaija Voss beteiligt (Titel: "Stadtgeschichte von Geretsried für Kinder"). Mit von der Partie war der AHG schließlich bei einem Film der Dokumentarfilmerin und Vorsitzenden des Waldramer Badehausvereins, Sybille Krafft, der im Herbst vom BR gesendet wurde.

Ein Schatten fiel im Sommer mit dem Tod des hochverdienten AHG-Mitglieds Martin Walter über den Verein. Er starb im August nach schwerer Krankheit. Walter galt als ein überaus kompetenter und begeisterter Kenner der Geretsrieder Geschichte, der sich unermüdlich für die Erforschung der lokalen Historie einsetzte und bis wenige Monate vor seinem Tod Führungen mit bis zu 100 Teilnehmern veranstaltete.

Sein Sohn Bernd setzt diese Touren fort.

© SZ vom 16.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: