Ägypten:Berlin und die Potentaten

Langzeitherrscher zu stützen, ist falsch.

Von Paul-Anton Krüger

In Algerien und im Sudan haben die Menschen gerade ihre Langzeitherrscher gestürzt. Es ist ein zweiter Anflug von Arabischem Frühling. In Ägypten dagegen, wo vor acht Jahren Hunderttausende auf dem Tahrir-Platz im Herzen Kairos nach Freiheit riefen, schickt sich das vom Militär dominierte Regime an, einen neuen Langzeitherrscher zu installieren: Das willfährige Parlament hat Verfassungsänderungen beschlossen, die es Präsident Abdelfattah al-Sisi erlauben würden, bis zum Jahr 2030 zu amtieren.

Sisi und das Militär haben in Ägypten eines der repressivsten Systeme der arabischen Welt installiert. Wer wissen will, wie die Stimmung bei den Menschen wirklich ist, braucht nur nach Algerien zu schauen. Und die Lage am Nil ist weitaus schlechter. Nur traut sich dort niemand mehr zu protestieren oder zu widersprechen. Denn dies zieht in aller Regel gnadenlose Verfolgung nach sich, nicht zuletzt durch die allgegenwärtigen Geheimdienste.

Befremdlich ist an all dem, dass die deutsche Bundesregierung das, was in Kairo passiert, immer noch als Stabilität verkennt. Eigentlich müsste seit 2011 klar sein, dass eine lange Regierungszeit eines Potentaten und Stabilität nicht dasselbe sind. Das zeigt sich wieder in Algerien und im Sudan. Und trotzdem hält Berlin unbeirrt an der Unterstützung für Sisis Regime fest.

© SZ vom 17.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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