Freizeitarena Isar:Katastrophenalarm auf dem Fluss

Freizeitarena Isar: Wildes Treiben: Freizeitsportler bevölkern die Isar und den Strand der Grünwalder Brücke in Pullach. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen dürfen sie das künftig erst im Juni.

Wildes Treiben: Freizeitsportler bevölkern die Isar und den Strand der Grünwalder Brücke in Pullach. Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen dürfen sie das künftig erst im Juni.

(Foto: Claus Schunk)

Mit der Bootsverordnung des Landkreises wird die Nutzung der Isar zeitlich stark eingeschränkt. Wassersportler reagieren empört, und der Bayerische Kanu-Verband zieht gar eine Klage gegen die neuen Regelungen in Erwägung.

Von Martin Mühlfenzl

Drei Mal war Jochen Langbein in diesem Jahr schon auf der Isar unterwegs - vom Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen vorbei am Georgenstein bei Baierbrunn bis in die Landeshauptstadt. Immer mit den Jugendgruppen des Deutschen Touring-Kajak-Clubs aus München, dessen Vorsitzender er ist. Die Isar, sagt er, biete für die Kinder und Jugendlichen ideale Bedingungen; anders als etwa die Loisach, die deutlich schwerer zu befahren sei. Doch mit den Touren auf der Isar ist es jetzt vorerst vorbei: Am vergangenem Freitag ist die neue Bootsverordnung des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen in Kraft getreten, die Fahrten südlich der Kreisstadt Bad Tölz nur noch von 1. Juni bis 15. Oktober gestattet; vom Tölzer Kraftwerk bis zur Landkreisgrenze bei Schäftlarn darf der Fluss immerhin noch bis zum 31. Dezember befahren werden. Diese zeitliche Einschränkung, sagt Langbein, sei für Sportler aber eine "einzige Katastrophe".

Die Isar ist die natürliche Lebensader der Region; und sie erfreut sich stetig wachsender Beliebtheit. Mountainbiker brettern an ihren Ufern durchs Unterholz, ganze Familien tummeln sich an ihren Kiesbänken, grillen dort, manche übernachten auch am Fluss, und im Hochsommer wird er von Menschen in Feierlaune - und allzu oft mit entsprechendem Alkoholpegel - in Schlauchbooten nahezu bedeckt. Bis zu 500 Boote sind in der Hochsaison am Tag auf dem Wasser unterwegs. "Klar, es gibt auf der Isar einen offensichtlichen Missstand im Sommer", sagt Jochen Langbein. "Und Teile der neuen Verordnung sind ja auch sinnvoll." Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen dürfen seit Freitag etwa keine Beiboote mehr angehängt werden, es gilt ein Nachtfahrverbot von 20.30 bis 7 Uhr, Kiesinseln dürfen nur noch in Notlagen betreten werden, Kinder und Nichtschwimmer müssen Schwimmwesten tragen, es werden mehr Isar-Ranger eingesetzt, und für Bootsfahrer gilt eine 0,5-Promille-Grenze. "Von mir aus hätte es auch ein komplettes Alkoholverbot sein können", sagt Jochen Langbein. "Wir sind als Sportler einverstanden damit, dass die Isar geschützt werden muss. Aber dass sie nur noch viereinhalb Monate lang befahren werden darf, hilft dabei überhaupt nicht."

Für die Sportler ist die Isar eine "natürliche Sportstätte", sagt Stefan Schmidt, Ressortleiter für die Bereiche Umwelt und Gewässer beim Bayerischen Kanu-Verband. Sein Verband, sagt er, prüfe derzeit, rechtliche Schritte gegen die von Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) veröffentlichte Bootsverordnung einzulegen. "Und ich habe auch das Okay des Präsidiums", sagt Schmidt. Tatsächlich, urteilt er, seien die Zustände an und auf der Isar im Sommer teils "unhaltbar". "Und es gibt auch immer Menschen, die sich nicht an eh schon bestehende Regeln halten, die Brutstätten betreten, betrunken auf dem Fluss unterwegs sind", fügt er hinzu. Die neue Verordnung aber bestrafe diejenigen, die sich an Regeln hielten. "Wir Sportler wissen, wie wir uns in der Natur verhalten müssen, wir geben das auch an unseren Nachwuchs weiter und versuchen auch andere, die gerne am Fluss sind, aufzuklären", sagt er. "Statt mit Verboten zu hantieren, sollte auch die Politik eher aufklären und das Verhalten der Massen verändern."

Die Verordnung des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen gilt freilich nur bis zur Landkreisgrenze. Von dort an wirken die Bestimmungen des Landkreises München - und der plant derzeit nicht, sich ähnlich restriktive Regelungen aufzuerlegen. Das Münchner Landratsamt, lässt Pressesprecherin Christina Walzner verlauten, wolle in einem ersten Schritt nur prüfen, welche Regelungen "zum besseren Schutz der Menschen auf der Isar" aufgestellt werden könnten. Dazu könnte etwa eine Schwimmwesten-Pflicht für Kinder und Nichtschwimmer zählen. Auch soll eine "Einschränkung von untauglichen und für das Befahren der Isar gefährlichen Billig-Schlauchbooten", geprüft werden. Hierzu hat das Landratsamt Kontakt mit dem TÜV Süd aufgenommen, der klären soll, welche Bootstypen noch zum Einsatz kommen dürfen. Grundsätzlich, sagt Landrat Christoph Göbel (CSU), sei es aber entscheidend, "die verschiedenen Interessen aller Betroffenen vernünftig in Einklang zu bringen" und "die Freiheiten der Bürger so weit wie möglich zu erhalten".

Für Gert Molewski, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Kanu-Verbandes und Referent für Sicherheit, ist die neue Bootsverordnung des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen ebenfalls "eine Katastrophe". Die Isar, sagt er, sei "eine natürliche Strecke und Sportanlage" und die Einschränkung der Nutzungszeiten "so für uns nicht hinnehmbar". "Wir haben unsere Mitglieder und Sportler in der Vergangenheit immer mit viel Einsatz und Mühe so erzogen, dass sie sich naturbewusst verhalten und die Umwelt schützen", sagt Molewski. Die Entscheidung des Landkreises sei "blinder Populismus", kritisiert er. "Denn mit dieser Verordnung wird das eigentliche Problem, der Partyboot-Tourismus, ja überhaupt nicht angegangen", sagt Molewski. "Die Schlauchboot-Party auf der Isar im Sommer kann einfach weitergehen", stellt auch Stefan Schmidt fest. "Und in einer Zeit, in der sonst vernünftige Sportler den Fluss nutzen, darf nicht mehr gefahren werden. Die Isar hätte wirklich Besseres verdient als diese Verordnung."

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