USA:Entsetzen über Anschlag auf Synagoge

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Ein 19-Jähriger schießt in einem jüdischen Gotteshaus in Kalifornien um sich, im Internet soll er zuvor rechtsextreme Verschwörungstheorien verbreitet haben.

Von Hubert Wetzel und Annette Zoch, Washington/München

Der Angriff auf eine Synagoge in den USA hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Das Attentat sei nicht nur ein Angriff auf die Freiheit von Jüdinnen und Juden, "es ist zugleich ein Angriff auf unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft und auf unsere Werte", schrieb der Zentralrat der Juden in Deutschland am Sonntag auf seiner Facebook-Seite. Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, sagte: "Es gibt absolut keine Rechtfertigung oder Erklärung für solche Gewalt." Der Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner, Pinchas Goldschmidt, sagte, Gotteshäuser würden zunehmend zu bevorzugten Zielen für Terroristen und religiöse Extremisten.

Sechs Monate, nachdem ein Neonazi in Pittsburgh elf Menschen in einem jüdischen Gotteshaus erschossen hatte, stürmte am Samstag, dem letzten Tag des jüdischen Pessachfestes, ein Mann in der kalifornischen Stadt Poway die Chabad-Synagoge und schoss mit einem Schnellfeuergewehr um sich. Dabei tötete er eine 60 Jahre alte Frau. Drei weitere Menschen wurden verletzt, unter ihnen ein achtjähriges Mädchen und der Rabbiner der Synagoge.

Augenzeugen berichteten, die Waffe habe dann wohl eine Fehlfunktion gehabt. Der Täter, ein 19 Jahre alter Student, floh und ließ sich später festnehmen. Ermittler entdeckten im Internet ein unter seinem Namen veröffentlichtes Manifest mit rechtsextremen Verschwörungstheorien, in dem der Autor sich auf den Schützen von Pittsburgh berief. Auch der Mann, der im neuseeländischen Christchurch im März zwei Moscheen überfallen und Dutzende Muslime getötet hatte, wird erwähnt. Die Polizei untersucht, ob es sich beim Urheber um den Schützen von Poway handelt. Zudem prüft sie eine Verbindung zwischen dem Mann und einem Brandanschlag im März auf eine Moschee.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagte, die Tat habe "das Herz des jüdischen Volkes getroffen". Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zeigte sich schockiert: "Die Bekämpfung von Hass und Intoleranz und insbesondere von Antisemitismus bleibt vor diesem Hintergrund unsere allerdringlichste Aufgabe - in den USA, in Deutschland und in aller Welt", sagte die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. US-Präsident Donald Trump verurteilte den Angriff ebenfalls. Bundesaußenminister Heiko Maas äußerte sein Mitgefühl.

Die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem verwies angesichts des Holocaust-Gedenktags in Israel an diesem Donnerstag auf zunehmende antisemitische Hetze. Die Welt müsse handeln, um Hassrede durch Anführer und Privatleute zu bekämpfen. "Wir haben in den vergangenen Monaten einen besorgniserregenden Wiederanstieg antisemitischer Angriffe beobachtet", sagte der Vorsitzende von Yad Vashem, Avner Shalev. Rabbiner Goldschmidt sieht eine Mitverantwortung sozialer Netzwerke an der Tat: "Die großen Internetkonzerne sollten dafür verantwortlich gemacht werden, eine Plattform für Rassismus, Antisemitismus und Hass zu bieten".

© SZ vom 29.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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