Tesla:Zweifelhafter Retter

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Der smarte Autobauer hilft mit seinem flotten Elektro-Image der ganzen Branche, große, schwere und schnelle Autos zu verkaufen. Dem Klimaschutz und der Mobilität in den Städten nutzt er so jedoch nicht.

Von Christian Endt

In der Autoindustrie geht die Panik um. Anders lässt sich kaum erklären, dass seit Kurzem sogar die Erzrivalen BMW und Mercedes eine enge Zusammenarbeit planen, um künftig gemeinsam Komponenten für Elektroautos zu entwickeln. Auslöser dieser ungewöhnlichen Allianz ist - unter anderem neben politischem Druck - auch der amerikanische Hersteller Tesla. Mit seinen schicken Elektromodellen treibt er die Branche vor sich her. Doch in Wahrheit ist Tesla das Beste, was der Autoindustrie passieren konnte. Tesla liefert sein Model 3 seit dem 13. Februar in Deutschland aus. Vom Start weg war es hier das am häufigsten neu zugelassene reine Elektroauto. Die absoluten Zahlen sind weniger beeindruckend: Im Februar wurden 2367 Teslas neu zugelassen, ein Marktanteil von 0,7 Prozent aller Pkws. Die Nachfrage nach E-Modellen ist sehr überschaubar.

Das schlägt sich in Teslas Geschäftszahlen nieder. Der Wert von Tesla bemisst sich jedoch weniger an Absatzzahlen als am Image. Dieses Image nutzt der ganzen Branche: Die Kalifornier haben dafür gesorgt, dass es wieder als avantgardistisch gilt, mit großen, schweren und schnellen Autos durch die Innenstadt zu fahren. Zumindest, wenn der Wagen statt eines Tankstutzens eine Steckdose hat. Ansonsten ist alles wie gehabt: Teslas schaffen je nach Motorvariante mehr als 200 Kilometer pro Stunde, das schwerste Modell wiegt mehr als zwei Tonnen. Das Geschäftsmodell von Tesla lässt sich - in sprachlicher Anlehnung an Donald Trump - zusammenfassen: Make überdimensionierte Straßenkreuzer great again. Damit baut Tesla-Chef Elon Musk der Autoindustrie einen Weg in die Zukunft. Oder zumindest zum vorläufigen Überleben.

Die Mobilität der Zukunft muss dennoch anders aussehen. Elektroautos verbrennen zwar kein Erdöl. Eine Menge Energie verbrauchen sie trotzdem. Die muss irgendwo herkommen. Es ist ohnehin eine Herausforderung, die Stromerzeugung völlig auf regenerative Energiequellen wie Wind und Sonne umzustellen. Wenn nun noch eine große Elektroflotte anrollt, muss zusätzlich Gas verbrannt werden. Beim Klimaschutz kommt die Welt so nicht wirklich voran - da kann Musk noch so oft behaupten, ihm ginge es darum, die Welt zu retten.

Das Verkehrsproblem in den Städten lösen Elektroautos auch nicht. Zwar stoßen sie keine Stickoxide aus und machen weniger Lärm. Aber sie verursachen genauso viele Staus und beanspruchen ebenso riesige Flächen für Fahrbahnen und Parkplätze wie Autos mit Verbrennungsmotor. Das gilt übrigens auch, wenn die Wagen von selbst fahren. Am Robotaxi-Konzept, das Tesla diese Woche vorstellte, haben Fachleute große Zweifel. Stattdessen braucht das Land ein leistungsfähiges Zugnetz, brauchen die Städte einen starken öffentlichen Nahverkehr und attraktive Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger.

Der Erfolg von Tesla suggeriert, man müsse nur die Antriebstechnologie tauschen, dann werde alles gut. Das wäre schön, weil einfach: Weder müssten Staat und Kommunen etwas an der Infrastruktur ändern - von den Ladesäulen abgesehen -, noch müssten die Bürger ihre Gewohnheiten groß infrage stellen. In einem wirklich progressiven Mobilitätskonzept spielen Autos höchstens eine Nebenrolle. Egal, ob unter der Haube ein Verbrenner schnauft oder ein Elektromotor summt. Egal, ob außen BMW, Mercedes oder Tesla draufsteht.

© SZ vom 25.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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