Alles ganz legal:Cannabis auf Rezept

Alles ganz legal: Bernd Grünberg betreibt vier Apotheken in den Landkreisen Ebersberg, Erding und München wo er ganz legal Cannabis auf Rezept verkauft.

Bernd Grünberg betreibt vier Apotheken in den Landkreisen Ebersberg, Erding und München wo er ganz legal Cannabis auf Rezept verkauft.

(Foto: Christian Endt)

Apotheker Bernd Grünberg verkauft den ärztlich verordneten Stoff monatlich an etwa 30 schwerkranke Kunden. Mit Kiffer-Romantik hat das allerdings gar nichts zu tun, die Patienten haben meist eine lange Leidensgeschichte hinter sich

Von Regina Bluhme, Erding/Ebersberg

Wenn die Polizei bei Kontrollen Marihuana entdeckt, dann ist das ein Fall für eine Anzeige. Doch es gibt Menschen, die ganz legal Cannabis konsumieren: Seit 2017 erhalten Schwerkranke den Stoff auf Betäubungsmittel-Rezept. Zum Beispiel in den Apotheken von Bernd Grünberg. Auch wenn die Wirksamkeit längst belegt und die Abgabe streng reglementiert ist, so ist es sowohl für Apotheker als auch Kundschaft noch immer kein alltäglicher Einkauf.

Bernd Grünberg betreibt Apotheken in den Landkreisen Ebersberg, Erding und München. Schon länger beschäftigt er sich mit dem Thema medizinisches Cannabis. In Forstinning hatte er seinen ersten Patienten, der von Medikamenten auf Cannabis umgestellt wurde. Daran erinnert er sich noch genau. Mittlerweile bedient der 58-Jährige in seinen vier Apotheken im Monat insgesamt zwischen 20 bis 30 "Patienten/Kunden", wie er sagt. Er verkauft lose Cannabisblüten grammweise. Der Kunde könne selbst entscheiden, ob er den Stoff raucht oder inhaliert. Mittlerweile gibt es aber auch Fertig-Sets in Tropfen- oder Kapselform sowie ein Fertig-Mittel als Spray.

Der Kauf sei absolut legal, aber immer noch "eine spannende Angelegenheit", sagt Grünberg. Er merke, dass es den Kunden wichtig sei, ein Vertrauensverhältnis auf zubauen. "Sie wollen erst mal testen, wie reagiert der Apotheker, wie werde ich behandelt." Es gibt auch immer wieder Kunden, die in einem separaten Raum bedient werden wollen. Und es gebe viel mehr Redebedarf. "Man erfährt viel mehr von dem Patienten und tauscht sich einfach mehr aus." Laut Internet gibt es etwa im Landkreis Erding Cannabis auf Rezept nur in Grünbergs Apotheke im West Erding Park. Es könnten aber schon noch mehr sein, schätzt Grünberg, offensiv Werbung mache niemand. Seine Kundschaft finde ihn über Foren in Sozialen Medien und Mundpropaganda.

Eine Apotheke in einem Gewerbegebiet wie im West Erding Park Erding muss kein Nachteil sein. Gerne werde eine Apotheke angesteuert mit einem Parkplatz direkt vorm Haus, "da ist man schnell drin und schnell wieder weg". Offensichtlich fürchten manche immer noch ein "Kiffer-Image". Völlig zu unrecht. Wer Cannabis auf Rezept erhält, der hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich, es sind Schmerz- oder MS-Patienten, Menschen, die an Spastiken erkrankt sind oder gerade eine Chemotherapie machen, unter fürchterlicher Übelkeit oder Erbrechen leiden. Gerade für Menschen, die schon ganz viel ausprobiert haben und genug von der Chemie hätten, sei Cannabis ein sehr gutes Arzneimittel, betont Grünberg.

Pro Gramm kostet das medizinische Cannabis in der Apotheke je nach Sorte zwischen 20 und 30 Euro, festgelegt durch die Arzneimittelpreisordnung. Die Kosten übernehmen die Krankenkassen, sofern der Antrag des behandelnden Arztes genehmigt wurde.

Cannabis ist nicht gleich Cannabis. Es gibt im Moment circa 15 verschiedene Blütensorten, alle wirken ein wenig anders "und leider wird da der Patient im Moment in der Regel doch recht alleine gelassen". Er müsse selbst herausfinden, welche Blüte für ihn am besten geeignet sei. Zusammen mit einem Partner, der in der IT-Branche tätig ist und zugleich medizinischer Cannabis-Patient, will er eine App aus Kanada übernehmen, die zum Beispiel aufzeige, welche Sorte bei welcher Indikation am besten geeignet ist und in der andere Patienten ihre Erfahrungen weitergeben, zum Beispiel auch was die Dosierung betrifft.

Bislang bezieht Grünberg, der auch Delegierter der Bayerischen Landesapothekerkammer ist, seine Ware aus Kanada und Holland. Das könnte sich bald ändern. Noch in diesem Monat werden die ersten Lose für einen Anbau in Deutschland vergeben. Die Ausschreibung durch die Bundesagentur für Arzneimittel und Medizinprodukte ist abgeschlossen. Ein weiterer Schritt hin zu mehr Normalität für ein Arzneimittel, das im Moment von Apotheker Grünberg in einem Tresor gelagert wird.

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